„Zukunft gemeinsam, mutig und fantasievoll anpacken“
Dessau-Roßlau, am – Die Kirchen in Deutschland müssen die politische Entwicklung des Landes weiterhin kritisch und konstruktiv begleiten. Das betonte Kirchenpräsident Joachim Liebig am heutigen Freitag in Dessau-Roßlau bei der Herbsttagung der Landessynode der Evangelischen Landeskirche Anhalts. „Wir haben ein vitales Interesse daran, eine den Wählerwillen repräsentierende stabile Regierung zu unterstützen. Das darf jedoch nicht mit zu großer Staatsnähe verwechselt werden.“
„Die Anteilnahme und Fürbitte für die Arbeit der Politik bei gleichzeitiger Trennung von ihr ist direkt aus dem Neuen Testament ableitbar. Als Kirchen lassen wir uns weder zurückdrängen in das allein Private der persönlichen Glaubenswirklichkeit, noch lassen wir uns in Dienst nehmen für politische Forderungen, die nur politischen Parteien zukämen.“
Eröffnung und Rückblick Reformationsjahr
Die Synodaltagung in der Dessauer Auferstehungskirche hatte mit einer Andacht von Pfarrerin Ina Killyen begonnen. In seiner Eröffnungsrede dankte Präses Andreas Schindler den haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden bei den Veranstaltungen des zurückliegenden Reformationsjahres. „Sie haben sich manchmal bis an die Grenze der Belastbarkeit engagiert. Herausgekommen sind Veranstaltungen, auf die wir mit Freude und auch mit Stolz zurückschauen können. Kirchenpräsident Liebig sagte zum Reformationsjubiläum: „Mit dem Stationenweg in Bernburg, dem Kirchentag auf dem Weg in Dessau-Roßlau und dem Containerprojekt ‚Anhalt kompakt‘ in Wittenberg hatten die Gemeinden, Dienste und Werke der Landeskirche mit zahlreichen Partnern unzählige Gelegenheiten, über die Fragen unserer Zeit ins Gespräch zu kommen.“
Großveranstaltungen in Wittenberg und darüber hinaus hätten indes gezeigt, „wie wenig Kirche mit jeder Art von auch nur ansatzweise triumphalistisch erscheinenden Formaten gewinnen kann“. Bedeutsam seien auch kleinteilige, gesprächsintensive Angebote. Notwendig sei der enge Kontakt gerade zu konfessionslosen Menschen. „Wir müssen uns ernsthaft fragen: Haben wir den Auftrag Jesu wirklich angenommen, ‚in alle Welt‘ zu gehen oder beschränken wir uns lieber auf uns vertraute Umgebungen und Milieus?“ An dieser Frage entscheide sich „nicht weniger als die Zukunft von Kirche in unserer Region“.
Zukunft der Landeskirche
In seinem Bericht ging der Kirchenpräsident auch auf die Zukunft der Landeskirche und ein geplantes „Verbundsystem“ ein. Seit Frühjahr 2015 befasst sich die Landeskirche mit neuen Wegen in die Zukunft der Landeskirche. Zu den Rahmenbedingungen zählen neben einem traditionsreichen Schatz an Kirchen kleiner werdende Gemeinden und Überlastungsanzeigen von Mitarbeitenden im Haupt- und Ehrenamt. In einer neuen Zuordnung von unterschiedlichen Tätigkeiten im Pfarramt, der Gemeindepädagogik, der Kirchenmusik, der Gemeindediakonie und der Verwaltung soll diesen Aufgaben begegnet werden. „Anders als bisweilen gemutmaßt, geht es dabei nicht um einen freundlich verpackten Strukturwandel, der am Ende doch nur weniger Personal vorsieht“, sagte Liebig.
„Im Kern geht es um die grundsätzliche Frage von Kirche in Anhalt in der kommenden Generation.“ Finanzielles Ziel sei, mittelfristig weitgehend unabhängig zu werden vom Finanzausgleich der Gliedkirchen der Evangelischen Kirchen in Deutschland. Weitere Säulen der landeskirchlichen Finanzierung sind die Kirchensteuer, die Staatsleistungen sowie Einnahmen aus Verpachtung und Vermietung. „Der horizontale Finanzausgleich wird weiter Bestand haben – welchen Umfang er bis zum Jahr 2025 umfasst, ist nicht vorherzusagen. Es ist daher sinnvoll, die zu leistende Arbeit auf die Mittel zu begrenzen, die der Landeskirche selbst zur Verfügung stehen.“ Entscheidend sei bei den künftigen Veränderungen eine breite Beteiligung an der Diskussion. „Die bisweilen als Problem gedeutet Größe der Landeskirche kann hier eine Chance.“
Der frühere anhaltische Kirchenpräsident Helge Klassohn ermutigte die Synode in seinem Grußwort, den eingeschlagenen Weg der Veränderungen weiter zu gehen. Präses Schindler sagte: „Die Diskussion zum Verbundsystem hat die Zukunft unserer anhaltischen Landeskirche im Blick und sollte vor allem als eine Frage an unseren Glauben verstanden werden. Natürlich sind wirtschaftliche und organisatorische Entwicklungen von großer Bedeutung. Langfristig wird es aber mit unserer Kirche nur weitergehen, wenn wir überlegen, wie wir unter veränderten Rahmenbedingungen die geistliche Kraft behalten, Gottes Auftrag an uns gerecht zu werden und in die Welt Zeichen der Hoffnung zu senden. Die Meinungsbildung zu den vielen anstehenden Fragen ist eine große Herausforderung an unsere kleine Landeskirche. Lassen Sie uns gemeinsam nach Lösungen suchen, denn den veränderten Weg unserer Kirche schaffen wir nur im spürbaren Einvernehmen und im Gottvertrauen. Die anhaltische Landeskirche entfaltet ihre bemerkenswerte Kraft nur, wenn wir gemeinsam mutig, fantasievoll und entschlossen anpacken.“
Hintergrund
Die Landessynode ist das wichtigste Entscheidungsgremium der Evangelischen Landeskirche Anhalts. Sie besteht aus 33 von den Ältesten der Kirchenkreise gewählten und sechs von der Kirchenleitung berufenen Synodalen. Zwei Drittel der Synodalen sind Nichttheologen, ein Drittel Theologen. Die Stellvertreter der Landessynodalen werden von den Kreissynoden gewählt. Die Landessynode kommt regelmäßig zwei Mal im Jahr zu Tagungen zusammen, dazwischen arbeiten die Synodalen in Ausschüssen.
Weitere Informationen: www.landeskirche-anhalts.de/landeskirche/synode
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