Zufallsfund schließt historische Lücke
Dessau-Roßlau, am – Die Kirchengemeinde Pißdorf (Pfarramt Osternienburg) hat aus einer Haushaltsauflösung in Teicha (Saalekreis) unverhofft ein wertvolles Kirchenbuch zurückerhalten. Im Kirchsaal der Pißdorfer Kirche stellten Pfarrer Dankmar Pahlings aus Osternienburg und Dr. Jan Brademann, Leiter des Landeskirchlichen Archivs in Dessau, das Buch vor. Es hält für die Jahre 1777 bis 1814 die Taufen, Trauungen und Beerdigungen im damaligen Pfarramt Pißdorf fest, das auch weitere Dörfer umfasst.
„Für die Gemeinde ist das ein großer Schatz, den wir verloren geglaubt hatten“, sagt Dankmar Pahlings. „Seit wann das Buch fehlt, wissen wir nicht. Es sind darin alle Menschen verzeichnet, die damals in Pißdorf gewohnt haben.“
Jan Brademann hebt auch die genealogische Bedeutung des Fundes hervor: „Vor 1876 gab es keine Standesämter. Wer Informationen über Menschen aus der Zeit davor sucht, ist auf Kirchenbücher angewiesen.“ Das wieder vorliegende Buch schließt die Lücke zwischen 1777 und 1814. Ab 1815 sind die Kirchenbücher für Pißdorf im pfarramtlichen Archiv Osternienburg erhalten, zudem findet sich dort ein Kirchenbuch für die Jahre 1651-1703. Somit fehlen immer noch Angaben von 1703 bis 1776. „Kirchenbücher“, erklärt Brademann, „werden seit der Reformation geführt. Oft setzt ihre Überlieferung jedoch erst mit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges ein.“
Das Pißdorfer Buch sei in ordentlichem Zustand, so der Landeskirchenarchivar, auch weil in seiner Entstehungszeit noch kein säurehaltiges Papier benutzt wurde, „das die Lebensdauer der Bücher in späteren Jahren deutlich verkürzte“. In den nächsten Jahren soll das Kirchenbuch aus Pißdorf ebenso wie bereits 1.000 von insgesamt 3.500 Kirchenbücher aus Anhalt digitalisiert und damit für die Nachwelt besser zugänglich gemacht werden. Gebündelt werden die Informationen dann im Kirchenbuchportal Archion.
Eine besondere Geschichte hat auch die Pißdorfer Kirche, die bis ins 13. Jahrhundert zurückgeht. Damals entstand als Vorgängerbau eine kleine Kapelle. Wann diese zu einer Pfarrkirche umgestaltet wurde, ist bislang nicht klar. Im 18. und 19. Jahrhundert erhielt die Kirche ihre endgültige Form und Größe. 1972 wurden Kirche und Turm bei Sanierungsarbeit schwer beschädigt, das Dach stürzte ein. Ab 2011 wurde das Gotteshaus, mit wesentlicher Unterstützung des Kirchbauvereins, in Teilen wieder hergestellt. Während der Großteil des Kirchenschiffes offen liegt, können die 24 Gemeindeglieder und Gäste im erweiterten und geschlossenen Chorraum wieder Gottesdienste feiern.
Köthen – Aus den Gemeinden