"Verantwortung übernehmen"
Dessau-Roßlau, am – „Zahllose Kriege und Konflikte mit ungezählten Toten, verletzten und traumatisierten Menschen prägen erneut das zu Ende gehende Jahr. Der Rückblick lässt eine deprimierte Aussicht auf 2012 daher realistisch erscheinen. Und doch sind Ereignisse wie die Atomkatastrophe von Fukushima, der Amoklauf in Norwegen oder die andauernde Finanzkrise in all ihrer Tragik nur die eine Seite der Medaille.“
„Jedes Kind, das geboren wurde, ist ein Versprechen und rechtfertigt alle Anstrengungen für eine sichere Zukunft. Es gab 2011 herausragende Beispiele von Anteilnahme und Mitgefühl – beispielhaft genannt seien die Retter und Helfer des Eisenbahnunfalls von Hordorf Ende Januar. Immer wieder wachsen Menschen in Krisensituationen über sich hinaus, übernehmen Verantwortung und leisten Großes für andere. Niemand sollte das für sich ausschließen. Dabei scheint mir das Stichwort von der Verantwortung von herausragender Bedeutung zu sein.
Verantwortung zu übernehmen, Fehler einzugestehen und die Konsequenzen zu tragen, das sind selten gewordene Eigenschaften. Die Finanzsituation in der Euro-Währungszone zeugt davon. Natürlich sind politisch und wirtschaftlich verantwortliche Menschen wesentlich an ihr beteiligt. Zugleich aber haben politische Parteien, die keine kostspieligen Wahlgeschenke versprechen und einhalten, kaum eine Chance, gewählt zu werden.
Es sind also wir alle – die Bürgerinnen und Bürger Europas, die einen nicht unwesentlichen Teil der Verantwortung für die gegenwärtige Situation tragen. Die Jahreslosung für das zu Ende gehende Jahr 2011 („Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ – Römer 12,21) fordert nicht nur eine selbstkritische Sicht der Menschen auf sich selbst; sie fordert zugleich auch aktive Veränderung.
Einen anderen Schwerpunkt setzt die Jahreslosung für 2012 „Jesus Christus spricht: Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.” (2. Korinther 12,9). Sie widerspricht Regeln, die auch in unserer Gesellschaft als scheinbar selbstverständlich akzeptiert werden: Wer die Macht hat, setzt sich durch! Groß ist besser als klein! Gesund ist besser als krank! Reich ist besser als arm! Gottes Regeln jedoch sind vollständig anders. In der Losung 2012 werden sie in der kürzest möglichen Form zusammengefasst: Gott ist in den Schwachen mächtig.
Die Schwäche zu verachten und zu verdrängen ist freilich ebenso falsch wie mit ihr zu kokettieren. Dies beobachte ich bisweilen auch in unserer Kirche: wir wollen lieber im Windschatten der Gesellschaft bleiben und still unseren Dienst tun. Die Schwäche wird dann zu einer Ausrede für mangelndes Selbstbewusstsein oder dem tiefen Wunsch, Vertrautes nicht verlassen zu wollen. Gott wird damit zu einem Bewahrer des Bestehenden, Kleinen und Unscheinbaren. Seine Macht im Schwachen wird damit geleugnet. Doch aus der kleinsten Stadt Israels erwächst der Mensch gewordene Herr des Universums.
Die kleingläubige Selbstbeschränkung ist daher nicht Thema der Jahreslosung 2012. Nicht auf eigene Stärke zu vertrauen, sondern alles auf Gott zu setzen; nicht sich selbst, sondern immer nur Gott zu loben; Gott alles zuzutrauen – dazu sie an. Damit können wir trotz aller Krisen in gelassenem Selbstbewusstsein und freudiger Erwartung das neue Jahr beginnen.“
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