Evangelische Landeskirche Anhalts

Schnellbrief Diakonie-Katastrophenhilfe zu Überschwemmungen in Südostasien

Dessau-Roßlau, am – Sehr geehrte Damen und Herren, die heftigen Monsunregenfälle, die schon im Juni begonnen haben, und die daraus resultierenden Überschwemmungen in Asien haben Millionen Familien buchstäblich den Boden unter den Füßen weggerissen und vermutlich Tausenden das Leben gekostet. Allein in Bangladesch wird von fast 600.000 total zerstörten Häusern berichtet. Meist bestehen die Hausfundamente armer Bauern- und Fischerfamilien nur aus gestampftem Lehm, der sehr schnell von fließendem Wasser weggespült wird.

Dann bricht der Rest des Hauses oft innerhalb von Minuten komplett zusammen. Doch selbst wenn die Häuser der Flut widerstehen, bieten sie nur selten Schutz vor dem Wasser, wie das Beispiel von Nasib Ali (37) aus Bangladesch zeigt. Nasib ist Tagelöhner im Jamalpur Distrikt in Bangladesch und lebt mit Frau und zwei kleinen Kindern am Ufer des mächtigen Jamuna Flusses. Durch zähen Fleiß hat er es geschafft, sein Lehmhaus mit einem Wellblechdach zu versehen. Als die Flut am Nachmittag des 23. Juli 2007 einsetzte, reagierten Nasib und seine Familie zunächst mit großer Gelassenheit. Denn Überschwemmungen sind für sie nichts Außergewöhnliches. Wie üblich bei solchen Anlässen, baute Nasib in Brusthöhe eine behelfsmäßige Bühne, auf die er sich zusammen mit seiner Familie, einigen Hühnern und zwei Ziegen zurückzog. Doch diesmal war alles anders. Das Wasser machte an der Oberkante der Bühne nicht Halt und zwang die Familie auf das Wellblechdach. Mit Entsetzen mussten sie mit ansehen, wie selbst dort der unaufhörliche Regen die Wasseroberfläche immer näher rücken ließ. Am ersten August war es dann soweit: Der First des Hauses wurde überspült. Mit einem einbaumähnlichen Boot gelang es der Familie auf eine unweit gelegene Landschaftserhebung zu flüchten. Damit war ihr Leben fürs erste gerettet. Doch Lebensmittel und Wasser fehlten. Zwei Tage lang war die Familie ganz ohne Essen. Jetzt steht das Wasser immer noch knietief über Nasibs Hausdach. Die Kinder werden von Tag zu Tag schwächer. Sie leiden an Hautekzemen, Durchfall und Husten. Ähnliche Berichte kommen aus ganz Asien, wobei in Indien, Bangladesch und Nepal besonders viele Menschen betroffen und die meisten Toten zu beklagen sind. Rund 50 Millionen sind allein in diesen Ländern obdachlos und auf der Flucht vor dem Wasser. Manche Quellen berichten auch schon von weit höheren Zahlen. Die Vereinten Nationen haben die Überschwemmungssituation in Indien und Bangladesch als die „schlimmste in der Geschichte“ bezeichnet. Die Diakonie Katastrophenhilfe hat mit sofortigen Nothilfemaßnahmen reagiert und bisher 300.000 Euro zur Verfügung gestellt. ------------------------- In Bangladesch verschlimmert sich die Lage von Tag zu Tag. Durch die extremen Monsunregenfälle ist schon mehr als die Hälfte des Landes überschwemmt. Hinzukommen nun die Wassermassen aus den Katastrophengebieten Indiens. Selbst wenn der Regen zurückgehen sollte, wird sich die Situation in dem Land nicht entspannen. Die Hilfsmaßnahmen werden einerseits von den, im ACT Forum Bangladesch zusammen geschlossenen, Partnerorganisationen (RDRS, CCDB und KOINONIA) durchgeführt. Andererseits arbeiten wir zusammen mit ECNET (Emergency Coordination Network), einem Netzwerk von sieben Partnerorganisationen von Brot für die Welt und der Diakonie Katastrophenhilfe. Eine frühzeitige Koordination und Bündelung von Kompetenzen vor Ort ist damit gewährleistet und erhöht die abgestimmten Reaktionsmöglichkeiten der Partner. Zunächst erfolgt die akute Nothilfe in Form von „Erste Hilfe Paketen“ – Reisflocken, Zucker, Milchpulver, Wasserreinigungstabletten, Salz und Elektrolyten (ORS) – für über 20.000 Familien. Weitere Maßnahmen werden derzeit vor Ort geplant und vorbereitet. So ist beispielsweise schon jetzt geplant, wenn das Wasser zurückgegangen ist, spezielles Reissaatgut auf den Feldern auszubringen. Dieses wächst deutlich schneller. So soll verhindert werden, dass es zu den gegenwärtigen Problemen auch noch zu einer dramatischen Ernährungskrise kommt. ------------------------- In Indien unterstützt die Diakonie Katastrophenhilfe die langjährigen kirchlichen Partnerorganisationen CASA (Hilfswerk der indischen Kirchen) und Lutheran World Service India. In den indischen Bundesstaaten Assam, Bihar, Orissa und Westbengalen, wo sintflutartige Monsunregenfälle Anfang Juli Dörfer, Städte, ja ganze Regionen unter Wasser gesetzt und Millionen Menschen in die Flucht getrieben haben, wurde mit Soforthilfe begonnen: Die Verteilung von Essen und Wasserreinigungstabletten ist bereits in vollem Gange. Rund 2.500 Familien bekommen Kleidung, Decken und Haushaltsutensilien. Notunterkünfte werden eingerichtet und, dort wo es möglich ist, wird mit der Reparatur der Häuser begonnen. Der Transport der Hilfsgüter ist im Moment sehr schwierig und aufwändig. Ein Großteil der Straßen sind zerstört, so dass der Transport zu Fuß oder in kleinen Booten organisiert werden muss. Der Partner CASA hat „Emergency Teams“ von zwei bis acht Helfern im Einsatz, die die Verteilung in den Camps oder noch nicht komplett überschwemmten Gebieten organisieren. Weitere Maßnahmen werden kurzfristig folgen. ------------------------- Auch in Nepal und Indonesien wurden Soforthilfemaßnahmen über das ACT Netzwerk (Kirchen helfen gemeinsam) unterstützt. Sie sind konzipiert als „Erste Hilfe“-Maßnahmen in Form von medizinischer Versorgung, Nahrungsmitteln, Hygieneartikeln, Kochgeschirr und Plastikplanen. ------------------------- In den südwestlichen, zentralen und östlichen Provinzen Chinas sind durch die Überschwemmungen, Erdrutsche und Schlammlawinen, die durch die heftigen Regenfälle im Juni verursacht wurden, rund 60 Millionen Menschen obdachlos geworden. Ihr wertvolles Ackerland wurde zerstört sowie Infrastruktureinrichtungen und Trinkwasseranschlüsse unbrauchbar. Der kirchliche Partner „Amity Foundation“ will fürs erste 5.000 Familien mit Nahrungsmitteln, Decken und Moskitonetzen versorgen, die Wiederherstellung von Häusern, Schulen, Gesundheitseinrichtungen und der Wasserversorgung soll sich anschließen. ------------------------- Flut in Asien, Überschwemmungen in Großbritannien, Hitzewellen und Trockenheit in Südeuropa. Die Auflistung klimabedingter Naturkatastrophen ließe sich fast beliebig fortsetzen. Eine derartige Dichte an Schreckensmeldungen hat es zweifellos in der Vergangenheit auch schon gegeben. Doch nehmen Anzahl und vor allem Intensität extremer Witterungsereignisse immer schneller zu. Generell gehen die Wissenschaftler davon aus, dass der Klimawandel dort seine verheerendsten Auswirkungen zeitigen wird, wo heute bereits Überschwemmungen, Dürren oder Wirbelstürme an der Tagesordnung sind und Menschen darum in prekären Situationen leben. Dabei trifft es meist die Ärmsten der Armen besonders schlimm. Für die Diakonie Katastrophenhilfe bedeutet dies, neben und nach der unmittelbaren Überlebenssicherung in der Wiederaufbau- und Rehabilitationsarbeit auch Vorsorgemaßnahmen mit aufzunehmen, welche künftig zu erwartende Wetterextreme mit berücksichtigen. Dabei kann die Diakonie Katastrophenhilfe gemeinsam mit den Partnerorganisationen auf Erfahrungen zurückgreifen, die sie seit zwei Jahren mit dem im Anschluss an die „Tsunami Katastrophe“ begonnenen Programm „Nothilfe im Zeichen des Klimawandels“ in den Anrainerstaaten des „Bay of Bengal“ gemacht hat. Von diesem großen Pilotprogramm werden Opfer von Naturkatastrophen mit Fördermaßnahmen unterstützt, die neben der unmittelbaren Überlebenssicherung auch Schutzfunktionen gegen künftig zu befürchtende extreme Wetterlagen gewährleisten. Katastrophenvorsorge kann Leben schützen und unermessliches Leid durch vorausschauendes Handeln verhindern: Opfer vorausschauend verhindern, statt hinterher Leid zu lindern! Sie stellt zugleich auch die effizienteste Form der Verwendung knapper Finanzmittel dar. Auch in der momentanen Krisensituation in den Flutregionen Asiens ist Hilfe erforderlich, die Menschen gegenüber nachfolgenden Naturkatastrophen wappnet. Das kann in der Wiederaufbauphase zum Beispiel durch Befestigung der Hausfundamente passieren. Dafür gibt es kostengünstige Modelle mit hoher Eigenleistung der Nutznießer. Oder mittels stabiler, dorfeigener Saatgutspeicher, in denen das kostbare und bei Überschwemmungen stets besonders gefährdete Saatgut aller Familien sicher verwahrt wird. Sämtliche Maßnahmen kommen in erster Linie den besonders bedürftigen Haushalten zugute. Lokale Partnerorganisationen wie kirchliche Institutionen, Kleinbauernorganisationen und Gemeinschaften von Küstenfischern wissen um die Bedürfnisse der Menschen und garantieren einen schnellen und direkten Zugang zu ihnen. Einige dieser Partner haben bereits nach entsprechenden Schulungsprogrammen der Diakonie Katastrophenhilfe über die Auswirkungen des Klimawandels sowie über geeignete Schutzmaßnahmen eigene, lokal angepasste Präventionsstrategien mit der Bevölkerung entwickelt. Diese vorsorgende Befähigung und Nutzung lokal vorhandener Ressourcen durch die Bevölkerung in naturkatastrophenanfälligen Gebieten müssen wir verstärken. Die Diakonie Katastrophenhilfe will den Opfern der Flut in Asien in ihrer Not zur Seite stehen und sie auch dann nicht allein lassen, wenn das Wasser wieder abgeflossen ist. Bitte helfen Sie uns dabei, die Menschen in Asien sofort und nachhaltig zu unterstützen. Mit freundlichem Gruß Pfarrerin Cornelia Füllkrug-Weitzel, Vorstand Ökumenische Diakonie im Diakonischen Werk der EKD Karl-Heinz Steinhilber, Stellvertretender Abteilungsleiter Diakonie Katastrophenhilfe -------------------------- Kennwort für Spenden: „Fluthilfe Asien“ Spendenkonto und weitere Informationen: Diakonie Katastrophenhilfe, Postbank Stuttgart, Konto 502-707, BLZ 600 100 70 und online unter www.diakonie-katastrophenhilfe.de/fluthilfeasien Stuttgart, 8. August 2007