Protest gegen Neonazi-Aufmarsch in Dessau
Dessau-Roßlau, am – Dessau (epd). Mehrere hundert Menschen haben am 7. März in Dessau-Roßlau friedlich gegen einen Aufmarsch von Neonazis protestiert. Anlass war das traditionelle Gedenken der Stadt an den schwersten Bombenangriff auf Dessau im Zweiten Weltkrieg am 7. März 1945. An der Friedensglocke in der Nähe des Rathauses nahmen nach Polizeiangaben etwa 400 Besucher an einem multikulturellen Programm teil.
Außerdem beteiligten sich etwa 100 Menschen an mehreren Kundgebungen im Stadtgebiet, zu denen unter anderem die Gewerkschaften aufgerufen hatten. Die Teilnehmerzahl beim Neonazi-Aufmarsch bezifferte die Polizei auf 250. Das Bühnenprogramm gestalteten unter anderem Schauspieler des Anhaltischen Theaters, eine russische Folklore-Gruppe, die Kindertanzgruppe des Dessauer Jüdischen Kulturvereins sowie ein Trommler und ein Saxofonist aus Afrika auf. Außerdem folgte das „Bündnis gegen Rechtsextre-mismus“ der Demonstration der Neonazis in etwa zwei Kilometer Distanz mit einem „Kehraus“. Dabei wurde der „braune Unrat“ mit einer Straßenreinigungsmaschine und zahlreichen Besen symbolisch beiseite geräumt. Nach Angaben der Polizei blieben der Neonazi-Aufmarsch und die Gegendemonstration friedlich. Die Beamten nahmen 18 linksgerichtete Personen vorübergehend in Gewahrsam, weil sie sich mit Zaunlatten auf den Neonazi-Aufmarsch zubewegt hatten. Den Abschluss der Proteste von Gewerkschaften, Kirchen, Parteien, Vereinen und Unternehmen bildete ein Gedenkgottesdienst mit dem Kirchenpräsidenten der anhaltischen Landeskirche, Joachim Liebig. In seiner Predigt betonte er, dass den Zerstörungen und dem Leid in Deutschland im Zweiten Weltkrieg die nationalsozialistischen Angriffe auf andere Völker vorausgingen. Wer heute absichtlich die Geschichte verfälsche und für eigene Zwecke missbrauche, vergehe sich 60 Jahre danach erneut an den Opfern. Wer es zudem wage, Gräueltaten aufzurechnen, werde selbst zum Kriegstreiber, sagte der evangelische Geistliche. Nach dem Gottesdienst in der Pauluskirche läuteten um 21.45 Uhr, dem Beginn der damaligen Bombenabwürfe, alle Kirchenglocken der Stadt. Dessau war von 1940 bis 1945 Ziel mehrerer alliierter Luftangriffe. Der schwerste forderte am Abend des 7. März 1945 rund 700 Todesopfer, mehr als 80 Prozent der Innenstadt fielen in Schutt und Asche. (1190/08.03.2009)