Professor: Nutzen von Elbeausbau ist illusorisch
Dessau-Roßlau, am – Magdeburg (epd). Bei dem von der Bundesregierung geplanten Ausbau der Elbe stünden nach einer wirtschaftswissenschaftlichen Studie Kosten und Nutzen in einem extremen Missverhältnis. Jeder durch eine intensivere Schifffahrt eingesparte Euro an Transportkosten bei anderen Verkehrsträgern würde mit Schäden in Höhe von 20.000 Euro erkauft, erklärte der Hallenser Wirtschaftswissenschaftler Hans-Ulrich Zabel am 3. Februar bei der Vorstellung seiner Analyse in Magdeburg.
Der Nutzen der Bauarbeiten beliefe sich lediglich auf 4,6 Millionen Euro im Jahr, die ökonomischen und ökologischen Gesamtkosten allerdings auf 86 Milliarden Euro. Basis der Berechnungen der Schäden seien unter anderem ein Rückgang bei der Bindung von Kohlendioxid durch das Austrocknen von Auwäldern, Ertragseinbußen in der Landwirtschaft sowie dem Wegfall von Arbeitsstellen und Einnahmen im Tourismus. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sieht durch die Untersuchung seine seit 1992 geäußerte Kritik an den Bauarbeiten durch die Studie bestätigt. Umso unverständlicher sei angesichts der Ergebnisse die Ankündigung von Staatssekretär Enak Ferlemann (CDU) aus dem Bundesverkehrsministerium in der vergangenen Woche, die Elbe für schwerere Schiffe vertiefen zu wollen, kritisierte der Leiter des BUND-Elbeprojekts, Ernst Paul Dörfler. Der Umweltverband betonte ausdrücklich, dass Zabel seine Analyse ohne Auftrag des BUND erstellt habe. Der Staat gebe derzeit jährlich 40 Millionen Euro für die sogenannten Unterhaltungsarbeiten und die Verwaltung aus. Bei den derzeit laufenden Arbeiten werden laut Zabel Ufer mit Schottersteinen aufgefüllt und Buhnen zur Mitte des Flusses hin verlängert. Zugleich sei allerdings die Binnenschifffahrt auf der Elbe „wirtschaftlich bedeutungslos geworden“, erläuterte der Professor der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Lediglich 0,2 Prozent der Gütertransporte in der Region würden auf der Elbe abgewickelt. Zudem sei die Menge der dort transportierten Güter kontinuierlich zurückgegangen. Sie habe im Jahr 2008 mit 0,7 Millionen Tonnen ein „historisches Tief“ erreicht. Das Ziel der Bundesregierung, eine Fahrrinnentiefe von 1,60 Meter an 345 Tagen im Jahr zu gewährleisten, sei „illusorisch und absurd“ und müsse aufgegeben werden, so Zabel. Verschiedene Modelle für den zu erwartenden Klimawandel sagten übereinstimmend aus, dass die Niedrigwasserstände sowie die Schwankungen der Pegel zunehmen werden. Die Vorhaben seien auch durch europäische Gesetze wie etwa die Wasserrahmenrichtlinie verboten. Danach dürfe der ökologische Zustand durch Bauarbeiten nicht verschlechtert werden. Zabel unterbreitet in seiner Studie auch eine Reihe von Vorschlägen für ein Gesamtkonzept zur Nutzung der Elbe. Dazu gehört die Einrichtung eines unabhängigen „Vorstandes“ als einer Abteilung des Umweltbundesamtes in Dessau-Roßlau sowie eines „Runden Tisches“ mit Vertretern von Kommunen, Vereinen und Bürgerinitiativen. Außerdem sollten die Binnenschiffe der Elbe angepasst werden. www.wiwi.uni-halle.de www.elbeinsel.de (0561/03.02.2010)