'Nicht aus Furcht auf Vertrautem beharren'
Dessau-Roßlau, am – Zum Auftakt der Frühjahrstagung der Landessynode der Evangelischen Landeskirche Anhalts in Alexisbad (Harz) hat Kirchenpräsident Joachim Liebig am heutigen Freitag an die Verfolgung von Christen im Nahen Osten erinnert. „In vielen Teilen der muslimischen Welt wagen christliche Gemeinden kaum noch eine öffentliche Äußerung, da sie Gefahr laufen, wegen ihres Glaubens verfolgt zu werden“, sagte der Kirchenpräsident. Christen in Deutschland seien aufgefordert, diese erschreckende Situation nicht in Vergessenheit geraten zu lassen und für die Glaubensgeschwister einzutreten.
Gemeinden gerade in Mitteldeutschland hätten die Freiheit und den Auftrag, sich deutlich zu ihrem Glauben bekennen.
Präses Andreas Schindler unterstrich in seiner Eröffnungsrede die Bedeutung der Kirchen angesichts einer auch in Deutschland wachsenden Verunsicherung bei vielen Menschen: „Wir können keine wohlfeilen theoretischen Reden über die böse Welt mehr halten und uns dann frisch an unser Tagewerk machen. Wir sind selbst betroffen. Menschen schauen auf die Kirche und erhoffen sich von ihr Hilfe, klare Worte und Beistand.“ Zum Auftakt der Synodaltagung hatte Pfarrer Andreas Müller aus Gernrode eine Andacht in der Petruskapelle Alexisbad gehalten.
In seinem Bericht ging Kirchenpräsident Liebig auch auf den im Sommer 2015 angestoßenen Zukunftsprozess in der anhaltischen Landeskirche ein. Eine innerkirchliche Steuerungsgruppe hat ein Impulspapier erarbeitet, das Veränderungen bis zum Jahr 2025 vorschlägt, um finanziellen Herausforderungen und sinkenden Mitgliederzahlen zu begegnen. Die Landeskirche hat derzeit 34.500 Mitglieder. Zur Diskussion steht unter anderem ein „Verbundsystem“, mit dem die Arbeit der hauptamtlichen Mitarbeitenden in den Gemeinden neu organisiert werden soll. In enger Zusammenarbeit sollen Pfarrerinnen und Pfarrer, Gemeindepädagoginnen und Gemeindepädagogen, Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker gemeinsam mit Verwaltungsfachkräften und diakonischen Mitarbeitenden für größere Regionen zuständig sein. Gestärkt werden soll die Stellung ehrenamtlicher Gemeindekirchenräte, die von Verwaltungsaufgaben entlastet werden und intensiver auch geistliche Leitungsaufgaben wahrnehmen sollen. Zu bedenken sei in diesem Zusammenhang, so der Kirchenpräsident, dass zahlreiche Pfarrerinnen und Pfarrer in den kommenden Jahren in Ruhestand gehen würden und es schwierig sein werde, alle Stellen wiederzubesetzen. Die finanzielle Lage der Landeskirche wird derzeit auch von externen Fachleuten untersucht.
Im Verlaufe der Tagung werden die Synodalen öffentlich und nicht-öffentlich über das Impulspapier diskutieren. Ein formaler Beschluss ist nicht vorgesehen. Kirchenpräsident Liebig sagte dazu: „Jede Art von Perspektive muss in einem abgewogenen Verhältnis Tradition und Zukunft miteinander verbinden. Doch wir dürfen nicht einfach aus Furcht vor den Herausforderungen auf Vertrautem beharren.“ Es gelte, in den Gemeinden, Diensten und Werken den Geist der frühen christlichen Bewegung zu stärken, ohne auf institutionelle Rahmenbedingungen zu verzichten. „Kirche muss so organisiert sein, dass die Gemeinschaft der Glaubenden eine belastbare Form behält und, so Gott will, neue Anhänger gewinnt.“ Es sei Aufgabe der Landessynode und der Gemeindekirchenräte, den Veränderungsprozess in den nächsten Jahren fortzuführen. Bei den bisherigen Diskussionen in der Landeskirche sei deutlich geworden, dass deren Eigenständigkeit nach wie vor nicht in Frage gestellt werde.
Die Landessynode ist das „Kirchenparlament“ der Evangelischen Landeskirche Anhalts. Sie besteht aus 33 von den Ältesten der Kirchenkreise gewählten und sechs von der Kirchenleitung berufenen Synodalen. Zwei Drittel der Synodalen sind Nichttheologen, ein Drittel Theologen. Die Stellvertreter der Landessynodalen werden von den Kreissynoden gewählt. Die Landessynode kommt regelmäßig zwei Mal im Jahr zu Tagungen zusammen, dazwischen arbeiten die Synodalen in Ausschüssen.
https://www.landeskirche-anhalts.de/landeskirche/synode
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