Evangelische Landeskirche Anhalts

Martinszentrum Bernburg für Architekturpreis nominiert

Dessau-Roßlau, am – Das Evangelische Martinszentrum Bernburg ist für den diesjährigen Architekturpreis des Landes Sachsen-Anhalt nominiert worden. In einer bundesweit einmaligen Verbindung sind hier unter dem Dach der 1887 erbauten Martinskirche Bernburg eine evangelische Grundschule samt Hort, ein christlicher Kindergarten und die evangelische Martinsgemeinde Bernburg untergebracht. Das Zentrum wurde am 1. September in Dienst genommen.

Die Evangelische Grundschule Bernburg befindet sich in Trägerschaft der anhaltischen Landeskirche, Kindergarten und Hort werden von der Martinsgemeinde getragen. Konzipiert wurde das Martinszentrum vom Leipziger Architekturbüro Weis & Volkmann. Der Architekturpreis Sachsen-Anhalt wird vom Verkehrsministerium und der Architektenkammer des Landes seit 1995 alle drei Jahre vergeben. Nominiert sind diesmal 13 Bauwerke, die Entscheidung der Jury wird am 11. Januar bekannt gegeben. Darüber hinaus ist ein Publikumspreis ausgelobt worden. Abgestimmt werden kann bis zum 8. Januar im Internet unter www.ak-lsa.de/index.php?id=182. Eine Ausstellung der Gebäude und Freianlagen ist bis zum 26. Dezember in der Bürgerinformation im Rathaus Magdeburg, Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr, zu besichtigen. Die Gesamtkosten für das Martinszentrum liegen bei rund 3,5 Millionen Euro. Davon stammen 1,2 Millionen Euro aus dem Ganztangsschulprogramm „Initiative Zukunft Bildung und Betreuung“ (IZBB), 831.000 Euro vom Land Sachsen-Anhalt, 795.000 Euro aus Eigenmitteln (unter anderem von der Landeskirche, der Martinsgemeinde, der Union Evangelischer Kirchen und der Schulstiftung der EKD), 50.000 Euro von der Stadt Bernburg, 20.000 Euro vom Salzlandkreis und 440.000 Euro von weiteren Förderern. Zu letzteren gehören die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung (300.000 Euro), Lotto Toto (75.000 Euro), die Stubenrauch’sche Waisenstiftung (30.000 Euro) und das Gustav-Adolf-Werk (15.000 Euro). 25.000 Euro hat bislang der Förderverein des Martinszentrums gesammelt. ----------------- Zu Architektur und Konzept des Martinszentrums (Oberkirchenrat Manfred Seifert, Schuldezernent der Ev. Landeskirche Anhalts) „Zukunftsweisende Beschlüsse des Gemeindekirchenrates der Martinsgemeinde Bernburg haben die Idee ermöglicht, evangelische Grundschule, Hort und Kindergarten um die Martinskirche herum und in die Martinskirche Bernburg hineinzubauen. Damit ist das Martinszentrum entstanden – ein Haus der Generationen, des Lernens und Lebens, das uns Gottes Nähe spüren lässt. Bei der Umnutzung und Umgestaltung der Martinskirche sind die Wünsche und Bedürfnisse der Gemeinde nach Möglichkeit berücksichtigt worden ebenso wie die Bedürfnisse der Heranwachsenden. Auf jeden Fall sollte auch eine gottesdienstliche Nutzung – etwa des Altarraums, des Andachts- und Meditationsraumes, Gymnastikhalle oder der Aula, aber auch die anderen Räume – an Sonn- und Werktagen durch die Gemeinde möglich sein. Die Kirche selbst ist ein wehrhaftes, fast trutziges Gebäude, das in der ganzen Breite aus der Erde wächst und spitz gen Himmel strebt. Die Schule dagegen bietet einen anderen Anblick, auch der Kindergarten und der Hort. Hier kommt ein anderes Bild von Kirche ergänzend, nicht widersprechend, zum Zuge: der leichte Bau, „das Zelt“ gewissermaßen, die mobile Behausung, die transparente Hülle des wandernden Gottesvolkes. Wie einstmals die Israeliten 40 Jahre durch die Wüste wanderten, so war auch ihr Heiligtum – ein Zelt. Ein Raum, scheinbar ohne Traditionen, immer wieder im Augenblick neu konstituiert. Beide Bilder von Kirche in ihrer ganzen Spannung nebeneinander und ineinander verschränkt stellt die Architektur des Martinszentrums dar. Der besondere pädagogische Charme an dieser „Konzeption Schule, Hort, Kindergarten“ besteht nun darin, dass gerade jetzt der Bildungsauftrag in der Elementarstufe, also im Kindergartenbereich, sehr viel deutlicher gesehen und herausgearbeitet wird, als zuvor. Besonders notwendig ist die Beziehung von Kindergarten zur Schule und umgekehrt mit Blick auf den gestalteten Übergang für die Kinder vom Kindergarten zur Schule. Dazu ist es gut, wenn Schule in den Kindergarten hineinreicht und den Kindergarten zur Kenntnis nimmt und erlebt und umgekehrt, wenn die Kinder des Kindergartens immer auch schon Schule ein Stück miterleben durch gemeinsame Aktionen, gemeinsame Räume und durch gegenseitige Besuche. Der Hort wiederum kann gut von den Angeboten der Kirchengemeinde, der Gemeindepädagogik, den Freizeitangeboten im Rahmen offener Kinder- und Jugendarbeit, auch der Seniorenarbeit durch das Kanzler von Pfau’sche Stift (viele ehemalige Mitglieder der Martinsgemeinde wohnen dort) und der Gemeinde selbst bereichert werden. Der Hort und die Schule zusammen sind ein offenes Ganztagsschulangebot. So wird diese Schule mit Hort und Kindergarten in ihrem ganz normalen Lebens- und Unterstützungsumfeld der Kirchengemeinde und der Öffentlichkeit fast im Zentrum der Stadt nicht nur ein Haus des Lernens und des Lebens, sondern – wie es die Kirche von je her war – ein offenes Haus für alle. Schule, Hort und Kindergarten – und damit Kirche – öffnen sich nach außen, und sie werden auch für Gemeinde und Öffentlichkeit erlebbar. Die Martinskirche wird zu einem Haus für Kinder, zu einem Haus des Lehrens, des Lernens und des Lebens. Sie bietet den Heranwachsenden festen Wurzelgrund in der Tradition, in der Kultur unseres Volkes und unserer Kirche an. Damit kann sie einen überaus wichtigen, von vielen geforderten und nachhaltigen Beitrag leisten zu einer wertorientierten Bildung und Erziehung. Für diese Wertorientierung soll dieses „Gotteshaus für Kinder“ stehen. Da die Kirche, wie Religion immer auch Wurzel und Ursprung aller Kultur ist, Kultur also vom Kult her lebt, sollte auch das kirchenmusikalische, also das musisch-kulturelle Leben in dieser Kirche weiterhin beheimatet bleiben. Es ist darum sehr schön, dass neben dem Werkraum, dem Gymnastikraum, der Schulbibliothek mit Lesezone auch ein Musikraum in der Kirche Platz findet. Ja auch die Orgel ist erhalten geblieben damit kann der Klang dieses herrlichen Instruments in fast jeden Raum dringen, wenn es denn gewünscht wird. Wie viele Lieder und Akkorde sind schon tief im Sandstein eingesickert? In der Stille meint man sie noch hören zu können. Erdenschwere und Leichtigkeit, Wurzeln und Flügel, Mauern und Glas, Transparenz – Öffnung nach außen und Schutz – Klausur nach innen, Öffentlichkeit des Lebens und Bewahrung des Geheimnisses – vielfältige Spannungsbögen wurden aufgenommen, fruchtbar gemacht und im Bauensemble dargestellt. Neue Wege und Verbindungen zur Tradition kommen hier zusammen und machen das Martinszentrum zu etwas ganz besonderem.“ www.martinszentrum-bernburg.de Dessau-Roßlau, 19. Dezember 2007