Liebig: "Bewährtes weiterführen, Aufbruch wagen"
Dessau-Roßlau, am – Zum Auftakt der Frühjahrstagung der Landessynode hat Kirchenpräsident Joachim Liebig die anhaltischen Kirchengemeinden zu mehr Offenheit gegenüber Menschen außerhalb des vertrauten Milieus aufgerufen. Mit Blick auf das Thema Armut, das bei dieser Synode im Mittelpunkt steht, sagte Liebig am heutigen Freitag in Dessau: „Die Evangelische Kirche hat den Kontakt zu Gemeindegliedern, die in Armut leben, zum Teil schon lange verloren.“
Bedürftige Mitglieder müssten nicht nur professionelle Hilfe etwa seitens der Diakonie erfahren, sondern auch stärker in die Kerngemeinde integriert werden. Grundsätzlich sprach sich Liebig dafür aus, die Arbeit in den Kirchengemeinden beständig zu überprüfen und Freiräume im tatsächlichen wie im übertragenen Sinn besser zu nutzen. „Entscheidend ist es eine Frage des Gottvertrauens, Bewährtes getreu weiterzuführen und dennoch grenzüberschreitenden Aufbruch zu wagen.“ Kirchengebäude, Gottesdienste Mit Blick auf die große Zahl von 214 Kirchen in Anhalt plädierte der Kirchenpräsident für eine intensivere gottesdienstliche Nutzung. „Die Rückbesinnung auf die sakrale Bedeutung von Kirchen ist ein erster und entscheidender Schritt, selbst einen vertrauten Raum neu zu gewinnen.“ Spiritualität könne sich in regelmäßigen Sonntagsgottesdiensten in kleinster Form auch in denjenigen Kirchen entfalten, die derzeit kaum genutzt würden. „Ich bin sicher: Wir würden damit gerade in Dörfern Menschen ansprechen, die bislang nicht zur Gemeinde gehören“, betonte Liebig. Gottesdienste mit sehr kleinen Zahlen seien bisweilen zwar eine geistliche Herausforderung, so der Kirchenpräsident. „Doch wenn sie gut vorbereitet, interessiert und liebevoll gestaltet werden, sind sie nie umsonst.“ Er erinnerte in diesem Zusammenhang an die Erfahrungen der Friedensgebete aus den 80er Jahren, die auch durch geringe Teilnehmerzahlen gefährdet gewesen seien. „Es war das geistlich begründete Durchhaltevermögen unverzagter Beter, die später den Raum schufen, das Land von Grund auf zu verändern.“ Verwaltung, Kirchenmitgliedschaft Weiterhin regte Liebig an, Pfarrerinnen und Pfarrer bei Verwaltungstätigkeiten zu entlasten, damit diese sich stärker ihren Kernaufgaben – dem Gottesdienst und der Seelsorge – widmen könnten. „Ich bitte die Synode zu prüfen, ob für interessierte Gemeinden eine ‚fliegende Verwaltung’ eingerichtet werden kann.“ Mit Blick auf haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende im Bereich von Kirche und Diakonie, die nicht Mitglieder der Kirche sind, sprach sich der Kirchenpräsident für eine Überprüfung des Mitgliedschaftsrechtes aus: „Wir sollten überlegen, welche verbindlichen Angebote einer Zugehörigkeit zur Kirche wir Menschen machen können, die noch nicht bereit sind, sich taufen zu lassen.“ Gemeinsam mit der Evangelischen Akademie in Wittenberg werde sich die anhaltische Landeskirche dieser Frage widmen. Fortbildung für Ehrenamtliche Im Zusammenhang mit der bevorstehenden Neuwahl der Gemeindekirchenräte, also der ehrenamtlichen Gemeindevertretungen, im Herbst 2011 kündigte Liebig die Gründung einer Laienakademie in Ballenstedt an. Deren Ziel sei die Qualifikation von Kirchenältesten. „Der laut Verfassung großen Bedeutung der Gemeindekirchenräte muss eine entsprechende Fort- und Weiterbildung an die Seite gestellt sein. Nur Kirchenälteste, die auch im Glauben sprachfähig sind, können die ihnen zugedachte Aufgabe angemessen erfüllen.“ Beginn und Fortgang der Synode Die Frühjahrssynode 2010 der Evangelischen Landeskirche Anhalts hat am heutigen Freitag mit einem Gottesdienst in der Dessauer Petruskirche begonnen. Die Predigt hielt Oberkirchenrat Manfred Seifert. Mit der Begrüßung und dem Bericht des Kirchenpräsidenten wurde die Tagung in der Anhaltischen Diakonissenanstalt Dessau fortgesetzt. Im Anschluss an den Bericht referierte Prof. Dr. Gerhard Wegner vom Sozialwissenschaftlichen Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zum Thema Armut. Alle Berichte und Vorträge finden Sie unter www.landeskirche-anhalts.de/landeskirche/synode.php Dessau-Roßlau, 16. April 2010