„Großes Beispiel kirchlicher Tradition“
Dessau-Roßlau, am – Mit einem Festakt ist am heutigen Donnerstag in Gernrode das „Heilige Grab“ in der Stiftskirche St. Cyriakus nach umfangreichen Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten wiedereröffnet worden. Das „Heilige Grab“ stammt aus dem späten 11. Jahrhundert und gilt als älteste Nachbildung des Grabes Christi nördlich der Alpen.
Es war angesichts starker Schäden seit 2003 nicht mehr für die Öffentlichkeit zugänglich. Restaurierungsmaßnahmen seit 2007 in Höhe von insgesamt 900.000 Euro haben das „Heilige Grab“ nun in einen Zustand versetzt, der die Öffnung für kleine Besuchergruppen wieder möglich macht.
Anlässlich der Eröffnung sagte der anhaltische Kirchenpräsident Joachim Liebig: „Das ‚Heilige Grab‘ ist ein herausragendes Beispiel kirchlicher Tradition nicht nur in Mitteldeutschland. Es zeigt in überragender Weise die tiefen Wurzeln unseres Glaubens in unserer Region und ist damit eine beständige Erinnerung, diese Wurzeln wieder fruchtbar werden zu lassen.“ Claus Friedrich Holtmann, Vorstandsvorsitzender der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und Geschäftsführender Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbandes, hob hervor: „Das Heilige Grab in Gernrode ist auch kulturgeschichtlich ein einzigartiges Denkmal. Es unterstreicht die besondere Geschichtsträchtigkeit Sachsen-Anhalts. Die Ostdeutsche Sparkassenstiftung und die Harzsparkasse freuen sich, mit ihrer Förderung dazu beigetragen zu haben, diesen wichtigen Ort entlang der Straße der Romanik für künftige Generationen zu erhalten.“
In seinem Grußwort sagte Prof. Dr. Matthias Puhle, Abteilungsleiter im Kultusministerium Sachsen-Anhalt: „Neben dem sakralen Charakter des ‚Heiligen Grabes‘ können wir uns auch über die kulturtouristische Attraktion freuen, denn die Stiftskirche Gernrode wird mit Sicherheit zu einer noch stärker frequentierten Pilgerstätte für Kulturtouristen werden, als es bisher schon der Fall war. Für die Menschen in unserer Region wird das ‚Heilige Grab‘ darüber hinaus identitätsstiftende Wirkung haben.“
Zu der Umsetzung der Restaurierung betonte Dr. Elisabeth Rüber-Schütte, Abteilungsleiterin Bau- und Kunstdenkmalpflege beim Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt: „Die Restaurierungsarbeiten wurden auf dem höchsten wissenschaftlichen Stand der Konservierungsmethode ausgeführt und waren getragen von einer fruchtbaren Kooperation mit mehreren Projektpartnern unterschiedlicher Fachrichtungen. Von Anfang an wurde das herausragende Kunstwerk ganzheitlich betrachtet, auch Umgebungsbedingungen fanden die notwendige Berücksichtigung. Dieser ganzheitliche Projektansatz hatte innovativen Charakter und sollte Vorbild für andere Vorhaben sein. Auf der Grundlage der hierbei gewonnenen Kenntnisse sind die Rahmenbedingungen für eine Besichtigung des Heiligen Grabes gut zu fassen.“
Ortspfarrer Andreas Müller sagte: „Für die evangelische Kirchengemeinde Gernrode ist das wiedereröffnete Heilige Grab das wichtigste sichtbare Zeugnis des Auferstehungsglaubens in der an sich schon einzigartigen vorromanischen Stiftskirche Sankt Cyriakus. Zugleich ist dieses Kleinod frühmittelalterlicher Baukunst entscheidender Bestandteil unserer Osterliturgie. Allein die Tatsache, dass das frühmittelalterliche Osterspiel, das seit 1989 wieder aufgeführt wird, im 12. Jahrhundert eigens für Gernrode und das Heilige Grab geschrieben wurde, zeugt von dessen Bedeutung.
Neben der Einbindung dieses Glaubenszeugnisses in das gottesdienstliche Geschehen steht das Heilige Grab nun endlich auch wieder den interessierten Gästen und Besuchern offen. Die Kirchengemeinde Gernrode bedankt sich ganz herzlich bei allen, die das Projekt der Sanierung und Restaurierung des Heiligen Grabes finanziell unterstützt, mit Rat und Tat begleitet und überhaupt erst ermöglicht haben.“
Restauriert wurden im „Heiligen Grab „ unter anderem der Reliefschmuck und die Malereien des Grabes sowie die salzbelasteten Bodenplatten. Förderer waren das Bundesverwaltungsamt, die Ostdeutsche Sparkassenstiftung gemeinsam mit der Harzsparkasse, das Land Sachsen-Anhalt / Kultusministerium Sachsen-Anhalt, die Deutsche Bundestiftung Umwelt, Lotto Toto Sachsen-Anhalt, die Rudolf-August Oetker Stiftung, die Deutsche Stiftung Denkmalschutz mit der Bodenstein-Stiftung Gernrode, der Landkreis Harz, die Stadt Quedlinburg, die Stiftung zur Bewahrung kirchlicher Baudenkmäler in Deutschland (Stiftung KiBa) und die Evangelische Landeskirche Anhalts.
Die Evangelische Kirchengemeinde St. Cyriakus Gernrode brachte auch selbst Eigenmittel ein. Wissenschaftlich und organisatorisch begleitet wurde die Restaurierung durch eine Expertengruppe verschiedener Fachdisziplinen unter Leitung des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie und des Architekturbüros „Planungsring Wernigerode“.
Hintergrund: Stiftskirche St. Cyriakus und Heiliges Grab Gernrode
Die Stiftskirche St. Cyriakus in Gernrode ist eines der bedeutendsten ottonischen Architekturdenkmale in Deutschland. Die Kirche, die erstmals im Jahr 961 erwähnt wurde, befindet sich aufgrund der Restaurierungen im 19. Jahrhundert heute weitgehend wieder im Zustand des 10. Jahrhunderts; lediglich die westliche Apsis wurde um 1130 ergänzt. Die Kirche war die Stiftskirche des vom Markgrafen der sächsischen Ostmark, Gero, gegründeten Frauenstifts Gernrode, dem bis zur Auflösung im Jahre 1616 Äbtissinnen aus den adeligen Familien der Region vorstanden.
Die Kirche wurde 1521, als sich die Äbtissin Elisabeth von Weida der Reformation anschloss und ihr Stift säkularisiert wurde, protestantisch und war damit eine der ersten protestantischen Kirchen weltweit. Seit der Restaurierung nutzt sie die evangelische Kirchengemeinde Gernrode als Pfarrkirche.
Das „Heilige Grab“ setzt sich aus einem offenen Vorraum und der eigentlichen Grabkammer zusammen. Der Vorraum ist vom Mittelschiff der Kirche durch eine kleine Tür begehbar, die Grabkammer ist nur über diesen Vorraum erreichbar. Dieser Zustand war jedoch nicht der ursprüngliche. Der gesamte Reliefschmuck des Heiligen Grabes bezieht sich auf das Thema der Grablegung und der Auferstehung.
Hier wurde erstmals in Deutschland nach Vorbildern aus der byzantinischen Kleinkunst, beispielsweise Buchdeckeln und Elfenbeinkästchen, ein Werk monumentaler Plastik errichtet. Wie bei den byzantinischen Vorbildern werden die Figuren von Rankenbändern umgeben. Leise, verhalten, von individueller Physiognomie und zarter Bewegung verkünden diese Figuren das heilige Geschehen.
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