„Gott tritt im Leid an unsere Seite“
Dessau-Roßlau, am – In seinem Osterwort geht der anhaltische Kirchenpräsident Joachim Liebig auf die Zweifel vieler Menschen an der Existenz Gottes angesichts von Naturkatastrophen wie in Japan und dem damit verbundenen Leid ein. „Tatsächlich kann sich niemand dem Leid entziehen. In der Karwoche, vor Ostern, wird uns das besonders bewusst“, schreibt Liebig.
Die Menschen müssten sich gerade in dieser Zeit auch mit der eigenen Sterblichkeit auseinandersetzen und sich fragen, ob für sie nach dem Tod einfach alles zu Ende sei. „Wer mit dem Tod das Ende der eigenen Existenz annimmt, kann natürlich allen Sinn nur in diesem, unserem Leben finden.“
Die Natur, so Liebig, werde im Zusammenhang mit Naturkatastrophen fälschlicherweise zum Ort der Sinnsuche gemacht. „Dabei ist sie doch einfach nur Natur – weder gut noch böse.“ Sogar parteipolitische Grundsatzprogramme würden heutzutage auf ihre Naturnähe geprüft. Der Ratlosigkeit im Umgang mit Katastrophen könnten Christen jedoch das Bild des am Kreuz gestorbenen Jesus Christus entgegensetzen. „Damit erhält die wichtigste und schwierigste Gewissheit unseres Glaubens ein Bild: Gott tritt uns als Mensch im Leid an die Seite. Als Gott überwindet er den Tod und beendet damit alles Leid.“
Diese Gewissheit setze die Kraft frei, auch in tiefstem Leid nicht zu verzweifeln. „Darin liegt der Sinn, den die Natur nicht geben kann“, betont Liebig. „Ostern, das Fest der Auferstehung Gottes, ist das Fest der Vorfreude auf unsere Auferstehung. Wo war Gott in Japan? In Japan natürlich!“
Gottesdienst zum „Jahr der Taufe“ am Ostermontag
Hinweis: Kirchenpräsident Joachim Liebig wirkt mit in einem Gottesdienst am Ostermontag, 10.00 Uhr, in der Dessauer Kirche St. Georg. Dieser Gottesdienst ist ein Beitrag zum „Jahr der Taufe“ der Evangelischen Kirche in Deutschland. Weitere Mitwirkende sind Christine Reizig, Landespfarrerin für Gemeindeaufbau und Andreas Janßen, Beauftragter für Kirche und Tourismus. Die Predigt hält Martin Olejnicki, Theologiestudent und Examenskandidat, dessen Sohn an diesem Tag getauft wird. Daneben ist auch für die Gottesdienstbesucher eine Tauferinnerung vorgesehen.
Osterwort von Kirchenpräsident Liebig im Wortlaut
„Großformatig springt das Bild ins Auge des Lesers: verwüstete japanische Küstenlandschaft – Trümmer, Schrott und Wracks. Der Betrachter ahnt die Toten inmitten des Desasters. „Wo war Gott in Japan?“ titelt eine große deutsche Sonntagszeitung kurz nach der Tragödie. Die Überschrift legt die Antwort nahe: Wenn es Gott gäbe, dann wären solche Bilder unmöglich. Wenigstens ist die Vorstellung eines allmächtigen und zugleich gütigen Gottes damit erneut widerlegt. Dieser Gedanke mündet bei Georg Büchner in die Formulierung, das Leiden sei „der Fels des Atheismus“. In der profanen Gegenwart wird einfacher getextet: „Gehen Sie mir weg mit Gott; bei dem ganzen Leid!“
Tatsächlich kann sich niemand dem Leid entziehen. In der Karwoche, vor Ostern, wird uns das besonders bewusst. Es heißt, alle Religion habe ihren Ursprung in der Konfrontation mit dem Leid. Wer die eigene Sterblichkeit erkennt, muss dafür eine Deutung entwickeln. Wird tatsächlich einfach alles zu Ende sein? Oder wird es eine Fortsetzung nach dem Tod geben?
Wer mit dem Tod das Ende der eigenen Existenz annimmt, kann natürlich allen Sinn nur in diesem, unserem Leben finden. Die Natur wird dabei fälschlicherweise zum zentralen Ort der Sinnsuche – dabei ist sie doch einfach nur Natur; weder gut noch böse. Umso überraschender ist die geradezu religiös anmutende Inbrunst, mit der die Natur in den religionsarmen Kulturen der Gegenwart gehegt wird. Parteipolitische Grundsatzprogramme werden auf ihre Naturnähe geprüft. Politische Ziele wie Verteilungsgerechtigkeit, Freiheit oder Bildungschancen treten dahinter zurück. Der Mensch der Gegenwart reagiert auf das Leid mit Aktionismus.
Anders unser Glaube als Christen: Am Kreuz stirbt Gott als Mensch unseren Tod. Damit erhält die wichtigste und schwierigste Gewissheit unseres Glaubens ein Bild: Gott tritt uns als Mensch in unserem tiefsten Leid an die Seite. Als Gott überwindet er den Tod und beendet damit alles Leid. Solange es die Welt geben wird, wird Gott immer an der Seite der Leidenden und Sterbenden sein. So wohnt jedem Tod die Gewissheit der Auferstehung inne. Diese Gewissheit setzt die Kraft frei, auch in tiefstem Leid nicht zu verzweifeln. Darin liegt der Sinn, den die Natur nicht geben kann. Ostern, das Fest der Auferstehung Gottes, ist das Fest der Vorfreude auf unsere Auferstehung. Wo war Gott in Japan? In Japan natürlich!
„Der Herr ist auferstanden; er ist wahrhaftig auferstanden!“ Lukasevangelium 24, 6.34“
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