"Gott kennt Woyzecks Verzweiflung"
Dessau-Roßlau, am – Am vergangenen Sonntag (17.4.) hat der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Prof. Dr. Martin Hein, in der Kirche St. Johannis Dessau eine Theaterpredigt zu Büchners Schauspiel „Woyzeck“ gehalten. Die 2008 ins Leben gerufenen Dessauer Theaterpredigten nehmen Bezug auf Inszenierungen des traditionsreichen Anhaltischen Theaters Dessau und werden in Kooperation der Evangelischen Landeskirche Anhalts mit der Kirchengemeinde St. Johannis Dessau und dem Theater veranstaltet.
Teil der Predigten ist auch eine musikalische Umrahmung, für die am 17. April der anhaltische Landeskirchenmusikdirektor Martin Herrmann und Musiker der Anhaltischen Philharmonie zuständig waren. Büchners „Woyzeck“ hatte unter der Regie von Christian Weise am 15. April Premiere.
In seiner Predigt wies Hein auf die von Georg Büchner herausgestellte Ausweglosigkeit für den Protagonisten des Stückes hin. „Franz Woyzeck steht exemplarisch für die Enge, Unterdrückung und Entfremdung menschlichen Lebens.“ Die Einsamkeit, das Leiden und die vermeintliche Gottverlassenheit des Woyzeck, so der Bischof, gipfelten in einer Gedichtzeile, die der Protagonist zitiert: „Leiden sei mein Gottesdienst.“
„Der Glaube verändert unsere Einstellung“
Angesichts des scheinbar übermächtigen Leides auf der Welt, so Hein, flüchteten sich viele Menschen wie Woyzeck „auf den Fels des Atheismus, um vor den Wellen des Lebens Schutz zu finden. Hat uns da unser christlicher Glaube etwas zu sagen?“ Auch Christen indes würden das Leid aus eigener Erfahrung kennen. „Aber der Glaube verändert unsere Einstellung – und das meint zu allererst die Einstellung zu unserem Leben. Wir schauen nicht am Leiden vorbei, wir halten die Nöte der Welt aus, weil Gott und das Leid zusammengehören! Gott kennt die Verzweiflung, die Ausweglosigkeit, die Woyzeck umtreiben, aus eigener Anschauung! Am Kreuz hängt er – solidarisch mit uns und allem, was uns bedrückt oder ängstigt.“
Der christliche Glaube nehme es mit dem Leid dieser Welt auf – suche es zu lindern oder zu beseitigen und hoffe, wo die eigenen Kräfte zu schwach seien, auf die Kraft des auferstandenen Christus. „Nicht im Erleben des Leides, sondern im Umgang damit liegt der Unterschied zu Büchners Perspektive“, sagte Bischof Hein.
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