DW Mitteldeutschland zu Hartz IV
Dessau-Roßlau, am – Allein schon die Häufigkeit und Schnelligkeit der Änderungen des Hartz IV-Gesetzes sind laut Oberkirchenrat Grüneberg, Chef der Diakonie Mitteldeutschland bedenklich. In diesen Tagen wird schon wieder über neue Änderungen beraten, die ab August in Kraft treten sollen. Erst einmal müssen die Auswirkungen der schon gefassten Änderungen abgewartet werden, ehe erneut Änderungen geplant werden.
Kaum ein Gesetz wurde so oft und so schnell geändert, wie das so genannte Hartz IV-Gesetz. Begleitet wird diese Notwenigkeit der Gesetzesänderungen von der Debatte um eine scheinbare Kostenexplosion. „Die aktuelle Debatte über die ausufernden Kosten hilft den arbeitslosen Menschen nicht“, so Oberkirchenrat Grüneberg. Politische Forderungen nach möglichen Kürzungen und regionalen Anpassungen der Regelsätze sind kontraproduktiv. Nach Auffassung der Diakonie Mitteldeutschland muss ein erklärtes Ziel sein, Menschen wieder in Arbeit zu bringen. In einer Gesellschaft, der die Arbeit ausgeht, braucht es auch einen auf Dauer angelegten öffentlich geförderten Beschäftigungssektor. Wie das gehen kann, hat die Diakonie in dem Konzept „Option sozialversicherungspflichtige Beschäftigung“ aufgezeigt. Hier könnte vor allem in sozialen und ökologischen Tätigkeitsfeldern ein gesellschaftlich notwendiger öffentlicher Arbeitsmarkt entstehen. Finanziert werden soll das neue Angebot zusätzlicher sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung durch eine Bündelung aller finanziellen Mittel, die auch jetzt schon für Leistungsberechtigte nach Hartz IV aufgewendet werden und ohne dass neue Kosten entstehen. Durch die zusätzliche Zahlung von Beiträgen werden beispielsweise auch die Sozialversicherungssysteme gestärkt. Damit könnten sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze geschaffen werden, die volkswirtschaftlich sinnvoll sind. Diese Option könnte für die Gesellschaft kostenneutral umgesetzt werden. Die ausufernden Kosten durch Hartz IV sind genauso unzureichend belegt, wie die Annahme eines umfassenden Leistungsmissbrauchs durch hilfebedürftige Menschen. Laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales wurden im Jahr 2005 ca. 1,8 Mrd. Euro mehr ausgegeben, als in der alten Sozialgesetzgebung vor Einführung von Hartz IV. Diese Mehrausgaben entsprechen ungefähr den Zahlungen, die jetzt in die Renten- und Krankenversicherung fließen. Diese Kosten gab es in der alten Sozialhilfe nicht. Die Renten- und Krankenversicherung für alle Sozialhilfeempfänger ist eine der positiven Änderungen durch die Hartz-Gesetze und war politisch gewollt. „Wir müssen auch an die Zukunft denken und können nicht den Blick vor möglicher Altersarmut verschließen“, so Grüneberg. Dieser nachhaltige Ansatz rechtfertigt heute aber keine gesetzliche Änderung, die nur den Druck auf arbeitslose Menschen erhöht, jedoch keine Arbeitsplätze schafft. Rückfragen an Fachreferentin Ines Nößler: 03691-810 116, noessler@diakonie-ekm.de Homepage DW Mitteldeutschland