Diakonie: Politik muss handeln
Dessau-Roßlau, am – Berlin (epd). Die Berliner Diakonie-Chefin Susanne Kahl-Passoth hat erneut die Politik aufgefordert, mehr für die Lage armer Menschen zu tun. Es sei höchste Zeit zum Handeln, das Leben in Berlin sei für viele kaum noch bezahlbar, schreibt Kahl-Passoth in einem Gastbeitrag für die in Berlin erscheinende Wochenzeitung «Die Kirche» (Ausgabe vom 20. Januar). Unter anderem fordert die Diakonie-Chefin weniger Sanktionen für Hartz-IV-Bezieher und bezahlbaren Wohnraum in der Metropole.
«Die Probleme in Berlin und Brandenburg sind da und sie sind vielschichtig.» In den Beratungsstellen der Diakonie sei täglich zu erleben, «mit welchen Problemen die Menschen fertig werden müssen». Mit 17,7 Prozent in Berlin und 11,7 Prozent in Brandenburg hätten beide Länder im Vergleich zum Bundesdurchschnitt nach wie vor einen hohen Anteil von Menschen, die von Arbeitslosengeld II leben.
Kahl-Passoth fordert unter anderem, dass für Hartz-IV-Bezieher die Sanktionierung von Kosten der Unterkunft und die verschärfte Sanktionierung junger Menschen unter 25 Jahren beendet werde. Strafmaßnahmen würden durch das Jobcenter beispielsweise verhängt, wenn ein Betroffener nicht eine bestimmte Anzahl von Bewerbungen schreibt oder Unterlagen nicht rechtzeitig einreicht.
Hartz IV-Empfängern unter 25 Jahren werde bereits bei der ersten Pflichtverletzung die gesamte Regelleistung gestrichen und das Arbeitslosengeld II auf die Kosten der Unterkunft beschränkt. Bei wiederholter Pflichtverletzung entfielen auch die Kosten der Unterkunft ganz. Gerade bei jungen Erwachsenen sei es erforderlich, so die Diakonie-Chefin weiter, die Verfestigung ihrer Lebenslagen und ihrer Arbeitslosigkeit durch eine intensivere Betreuung zu beenden. Die Verhängung von Sanktionen münde im schlimmsten Fall in Wohnungslosigkeit.
Dabei steuere Berlin zurzeit auf eine Wohnungsnot zu, betonte die evangelische Theologin. «Steigende Einwohnerzahlen und Haushalte stehen einem jahrelang stagnierenden Wohnungsbau gegenüber.» Nicht nur in den Innenstadtbezirken sei kaum noch günstiger Wohnraum zu finden. Auch in den Randlagen gebe es immer weniger Leerstand. «Die Menschen, die von Hartz IV leben, und auch Geringverdiener mit niedrigen Einkommen können sich ein Leben in dieser Stadt kaum noch leisten.»
Für den Berliner Senat sei es höchste Zeit, günstigen Wohnraum zu schaffen, betonte Kahl-Passoth. Dazu sei geförderter Neubau nötig und eine Verpflichtung der Vermieter, einen Teil ihres Wohnungskontingents günstig an arme und benachteiligte Menschen zu annehmbaren Konditionen zu vermieten. «Wir wollen nicht in einer Stadt leben, in der nur Wohlhabende ein lebenswertes Leben führen können», erklärte die Diakonie-Chefin.
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