Hartz-IV: Diakonie fordert 433 Euro
Dessau-Roßlau, am – Erfurt (epd). Die Diakonie Mitteldeutschland fordert für Hartz-IV-Empfänger einen Regelsatz von 433 Euro. Die Erhöhung um 69 Euro ergebe sich aus der ersten wissenschaftlichen Studie zur Ermittlung des Existenzminimums, sagte der Vorstandsvorsitzende des evangelischen Wohlfahrtsverbandes in Thüringen und Sachsen-Anhalt, Oberkirchenrat Eberhard Grüneberg, am 23. November in Erfurt.
Für Kinder errechnete die Diakonie eine Erhöhung je nach Alter von bis zu 36 Euro. Die Studie wurde auf Initiative der mitteldeutschen Diakonie von zehn der 23 diakonischen Landesverbände in Auftrag gegeben. Aus Ostdeutschland beteiligten sich ferner die Verbände in Sachsen sowie in Berlin und Brandenburg. Im Gegensatz zu anderen Berechnungen gehe das Gutachten nicht von politischen Erwägungen aus, erläuterte Grüneberg. Ausgangspunkt sei stattdessen ein Existenzminimum, das den Empfängern eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sowie an Bildung und Gesundheit ermögliche.
Dagegen verlagere die Bundesregierung mit ihrer Erhöhung um fünf Euro die Lasten weiter auf die Schwächeren in der Gesellschaft. Vor diesem Hintergrund forderte Grüneberg die Landesregierungen von Thüringen und Sachsen-Anhalt auf, den veränderten Hartz-IV-Regelungen am Freitag im Bundesrat die Zustimmung zu verweigern.
Im Einzelnen schlägt die Diakonie eine Beibehaltung der bisherigen Sätze für Tabak und Alkohol sowie der Kosten für Mobilfunk und Verkehrsmittel vor. Der Anteil für Zigaretten werde lediglich von einem Viertel der 6,5 Millionen Hartz-IV-Empfänger in Anspruch genommen, sagte die Diakonie-Beauftragte für Sozialpolitik, Ines Nößler. Eine Streichung bedeute eine Reduzierung des Satzes für Lebensmittel.
Mobiltelefone gehörten mittlerweile ebenso zur gesellschaftlichen Normalität wie Ausgaben für Verkehrsmittel und das eigene Auto, sagte Nößler weiter. Gerade in ländlichen Regionen wie in Thüringen und Sachsen-Anhalt sei Mobilität eine Grundvoraussetzung für soziale Kontakte, den Schulbesuch und nicht zuletzt für die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz.
Als Referenzgruppe für die Berechnungen wurden nach Angaben der Diakonie rund 50.000 Haushalte mit den untersten 20 Prozent der Einkommen ausgewählt. Damit folge die Studie dem Bundesverfassungsgericht, das mit seinem Urteil vom 9. Februar ein transparentes Verfahren zur Ermittlung des Hartz-IV-Regelsatzes gefordert hatte. Die Studie ist ab sofort auch im Internet unter www.diakonie-mitteldeutschland.de abrufbar. (6279/23.11.2010)
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