Diakonie befürchtet Personalmangel in der Pflege
Dessau-Roßlau, am – Heute veröffentlicht die Bundesagentur für Arbeit die aktuellen Arbeitsmarktdaten. Einmal mehr wird dann deutlich: Deutschland droht ein dramatischer Personalmangel im Pflegebereich. Seit Jahren wächst die Zahl der offenen Stellen. Allein in der Altenpflege waren es im Juli 14.791 Arbeitsplätze, fast 50 Prozent mehr als noch vor einem Jahr.
Experten schätzen, dass bis 2020 ein zusätzlicher Personalbedarf von mehr als 50.000 Pflegekräften im stationären und 27.000 im ambulanten Bereich gedeckt werden muss. Diakonie-Pflegeeinrichtungen in Sachsen-Anhalt sind alarmiert. So verzeichnet Christoph Radbruch, Vorsteher der Pfeifferschen Stiftungen in Magdeburg und Rektor im Diakoniewerk Halle, dass gut ausgebildete Fachkräfte inzwischen gezielt in die westdeutschen Bundesländer abgeworben werden. „Ein deutliches Zeichen dafür, dass der Fachkräftemangel auch bei uns kommt. Noch können wir alle Stellen besetzen, aber die Bewerberzahlen gehen schon jetzt deutlich zurück.“ Andreas Schindler, Stiftungsdirektor der Kanzler von Pfau’schen Stiftung in Bernburg sieht in den ländlichen Regionen des Salzlandskreises und im Mansfelder Raum dagegen noch keine Probleme. Auch die Johanniter Seniorenhäuser GmbH, die in verschiedenen Regionen in Sachsen-Anhalt und Thüringen Pflegeheime betreibt, unterscheidet nach städtischen und ländlichen Regionen. Geschäftsführer Lutz Gebhardt: „In größeren Städten wird die Stellenbesetzung inzwischen schwieriger, als im ländlichen Raum. Bisher bilden wir am Bedarf aus und versuchen die Azubis in unser Unternehmen zu übernehmen.“ Einen eindeutigen Negativtrend beobachtet Frieder Badstübner, Geschäftsführer der Christlichen Akademie für Gesundheits- und Pflegeberufe in Halle, bei den Schülerbewerbungen für eine Pflegeausbildung. „Vor drei Jahren hatten wir 2.000 Bewerber, jetzt sind wir bei 600 angelangt. Unsere Pinnwand ist voll von Jobangeboten, in denen Pflegeeinrichtungen unsere Absolventen umwerben.“ Kerstin Unterberg, Leiterin der Altenpflegeschule Elbingerode (Diakonissen-Mutterhaus Neuvandsburg) beobachtet, dass leistungsstarke Schüler sich immer seltener für den Pflegeberuf entscheiden. Während die Zahl der Ausbildungsbewerber insgesamt sinkt, ist der Anteil der Hilfskräfte-Azubis zu hoch, um künftig den Qualitätsanforderungen in der Pflege gerecht zu werden. Der Pflegebereich wäre ein Jobmotor – wäre es um das Ansehen des Berufsfeldes in der breiten Öffentlichkeit besser bestellt. Groß sind die physischen und psychischen Belastungen, nicht immer ausreichend die Personalschlüssel und die Bezahlung entspricht nicht immer der verantwortungsvollen Tätigkeit. „Der Beruf muss attraktiver werden. Der Wert der Pflege muss ideell und finanziell anerkannt werden“, fordert Eberhard Grüneberg, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Mitteldeutschland. „Wir fordern eine Entbürokratisierung und klare gesetzliche Rahmenbedingungen, die die wachsenden Ansprüche im Blick haben. Nur so wird gute Pflege Zukunft haben.“ Mit der Aktion WEIL WIR ES WERT SIND setzt sich die Diakonie daher für eine Anpassung der Sozialgesetzgebung ein. Kernstück der Forderungen ist eine gerechte Bezahlung der Mitarbeitenden. Grüneberg: „Nur mit einer verlässlichen Finanzierung werden wir gute Pflege dauerhaft leisten können. Nur so können wir auch eine gute Ausbildung und die notwendige Qualifizierung unserer Mitarbeitenden ermöglichen und den Pflegeberuf für Fachkräfte und den Nachwuchs attraktiv gestalten.“ Mit der Unterschriftenaktion setzt sich der evangelische Wohlfahrtsverband gemeinsam mit Pflegekräften, Pflegebedürftigen und Angehörigen für die ideelle und finanzielle Anerkennung der Pflege ein. Ziel der Kampagne: Noch vor der Bundestagswahl sollen die Unterschriften an Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Parteivorsitzende aller Bundestagsparteien übergeben werden. Damit will die Diakonie erreichen, dass ihre Forderungen in die Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden. Mehr Informationen unter www.weil-wir-es-wert-sind.de. In Sachsen-Anhalt gibt es unter dem Verbandsdach der Diakonie Mitteldeutschland 50 stationäre Pflegeeinrichtungen mit 3.341 Plätzen und 2.045 hauptamtlichen Mitarbeitern. Davon sind 31 Einrichtungen Ausbildungsstätte (62 %). 37 ambulante Pflegedienste (Sozialstationen) mit 638 hauptamtlichen Mitarbeitern unterstützen Menschen, die zu Hause gepflegt werden wollen. Halle, 1. September 2009 Frieder Weigmann, Pressesprecher, Referatsleitung, Medien, Marketing und Kommunikation Diakonie Mitteldeutschland , Tel.: 0345 – 122 99 140, E-Mail: presse@diakonie-ekm.de www.diakonie-mitteldeutschland.de