Evangelische Landeskirche Anhalts

Dessau: Christenrat verurteilt rechtsextreme Schmierereien

Dessau-Roßlau, am – Der Christenrat der Stadt Dessau-Roßlau hat die rechtsextremen und antisemitischen Schmierereien an Geschäften ausländischer Mitbürger in Ziebigk und am Jüdischen Friedhof scharf verurteilt. Kreisoberpfarrerin Annegret Friedrich-Berenbruch (Evangelische Landeskirche Anhalts, Kirchenkreis Dessau), Propst Dr. Gerhard Nachtwei (katholischer Gemeindeverbund Dessau) und Pastor Jens Gast (Freie Evangelische Gemeinde) haben einen Text an alle Gemeinden der Stadt versandt, der in den Gottesdiensten am Sonntag verlesen werden soll.

Wortlaut der Kanzelabkündigung: „Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, wir wenden uns an die Christen und alle Menschen guten Willens. Mit Entsetzen und Abscheu haben wir wahrgenommen, dass die rechte Gewalt in unserer Stadt nicht zurückgeht, sondern mit den Schmierereien in Ziebigk an den Geschäften ausländischer Mitbürger sowie am Jüdischen Friedhof eine neue Dimension bekommen hat. Vor siebzig Jahren haben sich die Bürger unserer Stadt dem rechtsfaschistischen Gedankengut nicht genügend entgegengestellt. Bald wurden nicht nur Hassparolen gerufen und einzelne Menschen misshandelt. Am 9. November 1938 brannte die Synagoge. Die Juden wurden nach und nach vertrieben und vernichtet. Menschen, die ihrem Gewissen folgten, landeten in den Konzentrationslagern und am Galgen. Am Ende standen der totale Krieg Hitlers und die Bombardierung unserer schönen Stadt. „Nie wieder!“ haben wir danach gerufen. Wir sollten und dürfen das nicht vergessen. Vielleicht können wir nicht völlig verhindern, dass es vernagelte, krankhafte Menschen gibt, die zur Brutalität und zum Extremismus neigen. Aber wir sollten Ihnen nicht die Straße und die öffentliche Meinung überlassen. Überlegen wir uns daher gut, was wir denken und sagen. Verhalten wir uns solidarisch gegenüber denen, die sich als Verlierer der Wende und Globalisierung fühlen, damit sie nicht rechten Rattenfängern ins Netz geraten. Seien wir froh darüber, dass wir in unserem Grundgesetz die Präambel haben: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie entstammt der jüdisch-christlichen Tradition, nach der jeder Mensch als Ebenbild Gottes geschaffen ist. Auch die rechten Gewalttäter können froh sein, unter einem solchen Gesetz zu leben und nicht in einer Diktatur. Gegenüber den geschädigten ausländischen Mitbürgern sollten wir nicht nur unser Mitgefühl zeigen, sondern Gesten der Solidarität setzen.“ Dessau 4. Juli 2008