Evangelische Landeskirche Anhalts

„Der Zukunft nicht mit Angst begegnen“

Dessau-Roßlau, am – Zum Auftakt der Herbsttagung der anhaltischen Landessynode hat Präses Andreas Schindler am heutigen Freitag die Gemeinsamkeiten zwischen christlichen und jüdischen Gemeinden hervorgehoben. Das Kirchenparlament tagt bis morgen in der Anhaltischen Diakonissenanstalt Dessau. „Unsere gemeinsamen Glaubenswurzeln sind Grundlage für ein lebendiges Miteinander“, sagte Schindler. Zugleich wies er auf historische Darstellungen an Kirchen, etwa der Nicolaikirche in Zerbst, hin, die Menschen jüdischen Glaubens verunglimpfen. Diese seien heute zu einem Ort der Anklage „tiefster menschlicher Verirrungen und schuldhafter Belastungen auch unserer protestantischer Kirche“ geworden.

„So ist aus einem widerlichen Schandmal ein Mahnmal geworden.“ Der Vorsitzende des Landesverbandes jüdischer Gemeinden in Sachsen-Anhalt, Max Privorozki, sagte als Gast der Synodaltagung: „Wir schätzen die freundschaftlichen Beziehungen mit der anhaltischen Landeskirche und möchten uns gerne zusammen für Frieden und gegenseitige Toleranz einsetzen.“ Privorozki wies auf die Bedeutung des Reformationsjubiläums auch für die jüdischen Gemeinden und Verbände hin. „Wir werden Luthers Beziehungen zum Judentum bei einer Tagung noch einmal genau untersuchen.“

Besuch von der Stadt Dessau-Roßlau

Der Dessau-Roßlauer Oberbürgermeister Peter Kuras dankte in seinem Grußwort der evangelischen Kirche für die Unterstützung bei der Aufnahme von Flüchtlingen in der Stadt. Entsetzt zeigte er sich über eine zunehmende Fremdenfeindlichkeit in der Gesellschaft und aufkommenden „Nazijargon“ sowie tätliche Übergriffe gegen Flüchtlinge. Freude äußerte Kuras über das bevorstehende Reformationsjubiläum 2017 und den „Kirchentag auf dem Weg“ vom 25. bis 28. Mai 2017 in Dessau-Roßlau in Zusammenarbeit mit der Landeskirche Anhalts und dem Durchführungsverein „Reformationsjubiläum 2017“. Die Stadt Dessau-Roßlau wird dazu 50.000 Euro und Sachleistungen beisteuern.

Bericht des Landeskirchenrates

Kirchenpräsident Joachim Liebig ging im Bericht des Landeskirchenrates auch auf die aktuelle politische Entwicklung in den Vereinigten Staaten ein. Dabei wies er auf die langjährige gute Partnerschaft mit der amerikanischen „United Church of Christ“ hin. „Es ist offensichtlich wieder möglich, mit holzschnittartigen Vereinfachungen und undifferenzierten Emotionen politisch in den Vordergrund zu rücken. Vor allem in Perioden der jüngeren deutschen Geschichte haben wir in unserem Land mit solchen Politikformen hinreichende Erfahrungen gemacht. Als Kirchen können wir nicht anders, als – gegen jeden Widerstand – eine differenzierte und damit realitätsnahe Wahrnehmung der Wirklichkeit in das Licht des Evangeliums zu stellen. Die einzige Vereinfachung, der wir das Wort reden dürfen, ist der Kern unseres Glaubens: das Heil der Welt liegt im Kreuz Jesu Christi.“

Liebig rief dazu auf, Veränderungen in der Gesellschaft nicht mit Angst zu begegnen und persönliche Furcht nicht Minderheiten wie etwa Flüchtlingen anzulasten. Es sei eine bizarre und geschichtsvergessene Haltung, davon auszugehen, dass Deutschland von Problemen verschont bleibe, wenn es sich gegen Menschen und Kulturen, die hierherkommen, abschotte. „Mehr denn je in der jüngeren Geschichte erwarten Menschen innerhalb und außerhalb der Kirche die Zusage der angstbefreienden Botschaft unseres Glaubens.“

Angst, so der Kirchenpräsident, sei auch mit Blick auf die Zukunft der Landeskirche nicht angebracht. „Wir werden nach Einschätzung des Landeskirchenrates zukünftig sehr wohl in der Lage sein, allen Verpflichtungen nicht nur zu genügen, sondern ihre Arbeit in den Gemeinden, Diensten und Werken in jeder Weise angemessen zu erfüllen. Konkret bewirkt Angstfreiheit, es ist weder nötig noch möglich, in kurzschlüssiger Weise den landeskirchlichen Haushaltsplan um Arbeitsbereiche zu entlasten, die vielleicht mehrheitlich nicht plausibel sind oder aus anderen Gründen gekürzt werden können. Angstfreiheit bedeutet vielmehr, zunächst die Arbeitsbereiche zu beschreiben und auf ihre perspektivischen Möglichkeiten hin zu betrachten. In einem zweiten Schritt wird daran ein immer wieder nachzumalendes Bild der Landeskirche in etwa zehn Jahren zu entwerfen sein.“

Liebig betonte, zugleich gelte es zu reagieren auf wahrscheinlich weiterhin sinkende Gemeindegliederzahlen ebenso wie auf die voraussichtlich zurückgehenden Erträgnisse aus Kirchensteuereinnahmen. „Gerade Letzteres hängt intensiv an der wirtschaftlichen Situation des mitteldeutschen Raumes und der Tatsache, im Bereich Anhalts keine aufwachsenden Kommunen wie beispielsweise Magdeburg, Leipzig oder Jena zu finden. Ferner tun wir gut daran, nicht dauerhaft von einem weiterhin zufließenden solidarischen Finanzausgleich der EKD-Gliedkirchen auszugehen.“ Aus dem EKD-Finanzausgleich bekommt die anhaltische Landeskirche 2017 4,3 Millionen Euro gegenüber 4,27 Millionen Euro in diesem Jahr. Die Kirchensteuern liegen gleich bleibend bei 5,5 Millionen Euro. Der Gesamthaushalt sieht Einnahmen und Ausgaben in Höhe von 17,03 Millionen Euro gegenüber 16,43 Millionen Euro in diesem Jahr vor. Eine landeskirchliche Steuerungsgruppe und auch die Synode mit ihren Ausschüssen beraten derzeit über den künftigen Weg der anhaltischen Kirche. Entscheidend für die Zukunft der Landeskirche sei, „dass wir Gespräche dazu angstfrei und gemeinsam führen“, sagte Kirchenpräsident Liebig.

Hintergrund: Synode

Die Landessynode der Evangelischen Landeskirche Anhalts besteht aus 33 von den Ältesten der Kirchenkreise gewählten und sechs von der Kirchenleitung berufenen Synodalen. Zwei Drittel der Synodalen sind in Anhalt Nichttheologen, ein Drittel Theologen. Die Stellvertreter der Landessynodalen werden von den Kreissynoden gewählt. Die Landessynode kommt regelmäßig zwei Mal im Jahr zu Tagungen zusammen, dazwischen arbeiten die Synodalen in Ausschüssen. Die Landeskirche hat derzeit 34.500 Mitglieder.

http://www.landeskirche-anhalts.de/landeskirche/synode

Ballenstedt, Bernburg, Dessau, Köthen, Zerbst – Landeskirche