Evangelische Landeskirche Anhalts

"Vor Gott verantwortlich"

Dessau-Roßlau, am – Zum Reformationstag erinnert der anhaltische Kirchenpräsident Joachim Liebig an die Verantwortung jedes einzelnen Menschen vor Gott. Dabei nimmt er auch Bezug auf Martin Luthers Predigt 1532 in der Wörlitzer Kirche, in der der Reformator Fürsten aus Mitteldeutschland auf die Grenzen ihrer weltlichen Macht hinweist.

„Für Luther und die Reformation ist völlig selbstverständlich, unabänderlich und nicht zu diskutieren: Der Bezugspunkt für das Gewissen ist und bleibt Gott; nicht der Mensch in selbstdefinierter Moral“, sagt Liebig. Der Kirchenpräsident hält am 31. Oktober die Predigt im Gottesdienst in der Wörlitzer Kirche St. Petri (Beginn: 10.00 Uhr), der live auch im ARD-Fernsehen und im Kultursender MDR-Figaro übertragen wird.

Auch mit Verweis auf die Ideale der Aufklärung sei heute für viele Menschen der Gedanke prägend, nur dem eigenen Gewissen und der eigenen Vernunft verantwortlich zu sein, sagt Liebig. Gerade von Entscheidungsträgern des öffentlichen Lebens erwarte er jedoch Entscheidungen, die auf mehr als persönlicher Moral fußten.

„Ich erwarte solche Verantwortung von Ärzten und Wissenschaftlern, wenn es um die Grenzen der modernen Medizin geht. Ich erwarte persönliche Verantwortung von Politikern: Jenseits der Hatz durch mediale Umfragen und Quoten sollen sie plausible Antworten suchen; in der Kommune, im Land und für die Welt. Zugleich danke ich allen, die sich dieser Aufgabe stellen.“

Der Glaube an Gott, so der Kirchenpräsident, sei jedoch keine Gewissensentscheidung. „Der Glaube ist überhaupt keine Entscheidung. Der Glaube ist eine Sache, die uns Menschen zutiefst angeht.“

Sich der Verantwortung vor Gott zu stellen bedeute zugleich, die eigene menschliche Fehlbarkeit anzuerkennen. Glaube und Vernunft schlössen einander jedoch nicht aus. Liebig hebt hervor: „Selbstverständlich habe ich den Mut, meinen Verstand zu gebrauchen. Mein Glaube ist in weiten Teilen vernünftig. Aber zugleich überschreitet er den Verstand entscheidend – ein Geschenk, um das ich bitte. Fehler? Fehler mache ich beständig. Aber ich verzweifle nicht daran. Gott verzeiht mir. Darum verzeihe ich mir. Darum verzeihe ich anderen. So glauben wir: vernünftig und fromm.“

Hinweis: Gottesdienstbesucher in Wörlitz sollten am 31.10. bis 9.30 Uhr eintreffen. Die Zahl der Sitzplätze in der Kirche ist begrenzt. Sollten diese besetzt sein, können aus Sicherheitsgründen keine weiteren Besucher eingelassen werden.

Dessau-Roßlau, 29. Oktober 2010

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