Evangelische Landeskirche Anhalts

Brückenbauer des Friedens

Zerbst / Anhalt, am – Die Gemeinschaft Evangelischer Schlesier in Anhalt hat mit einem Gottesdienst und einer anschließenden Festveranstaltung am Sonntag ihr 25-jähriges Bestehen gefeiert. In der Zerbster Kirche St. Trinitatis sagte Ryszard Bogusz, der frühere Bischof der Diözese Breslau in der Evangelisch-Augsburgischen Kirche Polens: „Dass wir nach dem Zweiten Weltkrieg und der Vertreibung so vieler Deutscher aus Schlesien heute als Freunde hier zusammen sind, ist für mich immer noch ein Wunder.“

Die 1992 gegründete Gemeinschaft Evangelischer Schlesier in Anhalt habe daran großen Anteil und leiste bis heute eine wichtige Versöhnungsarbeit, betonte der anhaltische Kirchenpräsident Joachim Liebig. Diese müsse fortgesetzt werden: „Deshalb sind wir heute hier: um uns zu erinnern – aber auch, um neue Kontakt zu knüpfen.“

An dem Gottesdienst, der nach schlesischer Liturgie gehalten wurde, nahmen zahlreiche Gäste aus der Region und auch aus Polen teil. Die musikalische Ausgestaltung übernahmen Kreiskirchenmusikwart Tobias Eger an der Orgel und der Zerbster Posaunenchor unter Leitung von Landesposaunenwart Steffen Bischoff. Der Vorsitzende der Gemeinschaft evangelischer Schlesier in Deutschland, Generalsuperintendent Martin Herche aus Görlitz, wies in seiner Predigt auf den Einsatz von Pfarrerinnen und Pfarrern in Schlesien hin: „Viele von ihnen haben die Verantwortung als Hirten ihrer Herde angenommen.“ Besonders ging er auf das Wirken der Theologin Katharina Staritz ein, die als Vikarin während der NS-Zeit den Mut besessen habe, Juden zu taufen.

Pfarrer i.R. Heinz Lischke, der wenige Tage zuvor seinen 90. Geburtstag begangen hatte, konnte als Nestor, Mitbegründer und prägende Gestalt der evangelischen Schlesier in Anhalt die Festveranstaltung miterleben. „Ich bin glücklich, bei diesem Jubiläum nach so vielen Jahren des Einsatzes dabei zu sein“, sagte der gebürtige Breslauer, der 1954 als Vikar nach Zerbst gekommen war und ein bewegtes Leben hinter sich hat. Bereits in den 1970er Jahren unterhielt er Kontakte nach Polen – in einer Zeit, als das SED-Regime die Erinnerung an die Vertreibung der Deutschen aus den früheren Ostgebieten nicht tolerierte.

Der Beauftragte für die evangelischen Schlesier in Anhalt, Pfarrer Markus Rinke aus Roßlau, sagte, die Gemeinschaft habe Schlesiern in Anhalt nach der Wende Gelegenheit gegeben, im Gespräch und in der Gemeinschaft ihr Trauma zu überwinden. Zugleich hob Rinke den intensiven Austausch mit evangelischen Christen in Polen hervor, etwa in Liegnitz und Glogau. „Wir waren und sind Brückenbauer für Frieden und Versöhnung.“ Unterstützt wurden der Aufbau einer Sozialstation in Liegnitz und bedürftige Menschen in der Diözese Breslau. „Ebenso haben wir mitgeholfen, dass an der Evangelischen Liegnitzer Frauenkirche wieder eine Glocke in Betrieb genommen werden konnte.“ Besonders verdienst gemacht hat sich hierbei Hans-Dieter Eckert aus Aken. „Unsere Gemeinschaft hat Schlesien an gemeinsamen Bezugspunkt – vor allem jedoch sind wir vereint im christlichen Glauben“, hob Markus Rinke hervor. „Uns ist es wichtig die theologische und diakonische Tradition Schlesiens wach zu halten.“

Zerbst – Landeskirche