Böhmer: Schwache Demokratie half NS-Verbrechern
Dessau-Roßlau, am – Magdeburg (epd). Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) hat zur Auseinandersetzung mit den Ursachen der nationalsozialistischen Judenpogrome 1938 aufgerufen. Die Pogromnacht sei nur möglich gewesen, weil es in Deutschland ab 1933 keine Demokratie und keinen Rechtsstaat mehr gegeben habe, sagte Böhmer am 7. November in der wöchentlichen Videobotschaft der Landesregierung.
Eine Demokratie sei „ohne engagierte Demokraten“ schwach und anfällig für einfache „Heilsversprechen“ und auf Dauer auch nicht überlebensfähig. Die Nationalsozialisten hätten die Weimarer Republik beseitigen können, weil diese Demokratie schwach gewesen sei und es an Mitwirkung der Bürger gefehlt habe, erklärte der Regierungschef weiter. Zwar sei der heutige Rechtsstaat gefestigt. Sinkende Wahlbeteiligungen und Politikverdrossenheit, wie sie der Sachsen-Anhalt-Monitor 2007 gezeigt habe, bildeten jedoch ernsthafte Warnsignale für eine mangelnde Unterstützung der Demokratie. Landtagspräsident Dieter Steinecke (CDU) forderte bei einem „Jugendparlament“ in Magdeburg, „ganz entschieden“ den Menschen entgegenzutreten, die „Schandtaten wie den Holocaust“ leugneten und „die Saat des Hasses“ erneut säen wollten. Die Opfer zu vergessen oder ihr Schicksal zu beschönigen, wäre ein neues Verbrechen an ihnen und eine „Versündigung an unserer eigenen Zukunft“. „Ideologen und Rassisten“ dürften sich nie wieder zum Richter über den unveräußerlichen Wert des Lebens aufspielen können, appellierte Steinecke. Im Mittelpunkt des jährlichen „Jugendparlamentes“ im Magdeburger Landtag mit rund 100 Teilnehmer standen Diskussionen über die Pogromnacht. An den 70. Jahrestag der Judenpogrome am Sonntag wird in ganz Sachsen-Anhalt mit Gedenkstunden, Kranzniederlegungen und Andachten erinnert. Am 9. und 10. November 1938 verwüsteten Angehörige von SS und SA auf Weisung der nationalsozialistischen Parteiführung im Deutschen Reich über 1.200 Synagogen und Betsäle sowie tausende Geschäfte und Wohnungen deutscher Juden. Über 100 Juden wurden bei den Ausschreitungen getötet. Etwa 30.000 jüdische Männer wurden im Anschluss in Konzentrationslager verschleppt. (5681/07.11.2008)