Evangelische Landeskirche Anhalts

"Aufgaben gemeinsam wahrnehmen"

Dessau-Roßlau, am – In der Kirchenzeitung „Glaube und Heimat“ hat der anhaltische Kirchenpräsident Joachim Liebig Stellung zum Papstbesuch bezogen: „Ich bin sehr dankbar für den Besuch Benedikt XVI. in Deutschland, da er in einer ganzen Reihe von Belangen Klarheit geschaffen hat: Eine theologisch begründete Ermutigung der Ökumene ist bis auf Weiteres nicht zu erwarten.“

„Das hebt in besonderer Weise das außerordentlich freundliche Miteinander der ökumenischen Familie in Sachsen-Anhalt hervor. Auf diesem Wege werden wir weiterhin in größtmöglicher Gemeinschaft die uns verbindenden Aufgaben in einer profanen Umgebung wahrnehmen.

Die Selbstidentifikation des Protestantismus ist ausschließlich vom Maßstab der Hl. Schrift abhängig; wie andere Konfessionen Kirche definieren, ist dafür kaum erheblich.

Die Reaktionen einer Reihe Abgeordneter des Deutschen Bundestages – im Besonderen die Christian Ströbeles – lässt wenigstens auf eine sehr mangelhafte Kinderstube schließen. Die Missachtung des Gastes als Märtyrertum des freien Denkens populär verkaufen zu wollen, ist grotesk.

Zutiefst erschreckend war der in Teilen hoch aggressiver Ton der antikirchlichen Äußerungen. Offensichtlich rührt die christliche Botschaft – pointiert vorgetragen – selbst in Zeiten wohltemperierter Talkshowdebatten Menschen immer noch auf und bleibt das zweischneidige Schwert, von dem das Neue Testament spricht.

Ebenfalls zutiefst erschreckend in ihrer naiven Unkenntnis sind die Äußerungen von Vertretern in Parlamenten und anderer Verfassungsorgane, die ein völlig neues Verhältnis von Kirche und Staat in unserem Land wünschen. Das von der Verfassung vorgegebene Prinzip der Subsidiarität erscheint nicht mehr plausibel zu sein. Wer um der populistischen Wirksamkeit willen Religion zu privatisieren wünscht, kann damit nicht nur in Berlin offenkundig namhafte Stimmengewinne für sich verbuchen. Ein Beispiel vollständig privatisierten Glaubens mit immenser öffentlicher Wirkung stellt gegenwärtig die sog. „Tea-Party Bewegung“ in den USA dar. Wird das gewünscht? – Hier sind zum einen die immer deutlicher formulierten Forderungen nach Veränderung begründungspflichtig und zum anderen die Kirchen aufgefordert, ihr Verhältnis zu unserem Staat stets neu plausibel darzustellen.

Die körperliche Leistung des Besuchsprogrammes von Benedikt XVI. ist für einen 84jährigen älteren Herren bewundernswert. Im persönlichen Zusammentreffen ist er ein zurückhaltender, fast schüchtern wirkender Mann mit der unbestreitbaren Ausstrahlung eines Amtes, wie es kein Zweites in der Geschichte der Menschheit gibt. Wer diese Faszination leugnen würde, wäre nicht vollständig ehrlich. Eine nüchtern – sachliche Beurteilung darf sich davon jedoch nicht beeinflussen lassen.

Gewiss als Teil dieser Faszination ist es schön zu sehen, wenn vollständig freiwillig Hundert-tausende von Menschen zu Gottesdiensten zusammenkommen. Glaubende in unserem Land könne auch abseits solcher besonderen Situationen ihre Überzeugung und Lebenshaltung mit Selbstbewusstsein vertreten.

Wenn der Besuch von Benedikt XVI. zum Selbstbewusstsein der Christenheit und zu einem Denkanstoß an dieser oder jener Stelle beigetragen hat, dann hat er sich in jedem Fall gelohnt. Als vollständig am Fußball Desinteressierter verfolge ich die finanziellen Argumente der Besuchsgegner mit Verwunderung. Auch von meinen Steuergeldern werden Stadien gebaut und Wochenende für Wochenende Einsatzkräfte zur Sicherung der Spiele bezahlt. Dennoch würde ich nicht die Auflösung aller Fußballvereine oder wenigstens die Übernahme aller Kosten durch die Fußballinteressierten fordern. So selbstverständlich wie Sport ist Religion Teil unserer Gesellschaft – im Prinzip privat aber stets öffentlich.

Kirchenpräsident Dessau, 26.09.2011

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